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ÖTV empört über ÖTV-Mann

■ Er soll seine Solarzellen bezahlen und zurücktreten

Die Bremer ÖTV-Bezirksleitung sieht rot: Stadtwerke-Aufsichtsrat Horst Erdt soll sein Mandat niederlegen und den Preis der Wohnwagen-Solaranlage nachträglich an die Stadtwerke bezahlen, wenn er sie kostenlos erhalten hat (wie die taz am 25.8. berichtete). Der stellvertretende ÖTV-Bezirksvorsitzende Eckhard Wellnitz: „Ein Verhalten, das auch nur den Verdacht aufkommen läßt, ein Gewerkschaftssekretär würde die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen von der Erzielung persönlicher Vorteile abhängig machen, können und werden wir nicht dulden.“

In den von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Stadtwerke-Akten hatte sich ein handschriftlicher Vermerk des Stadtwerke-Chefs Czichon gefunden. Aufsichtsrat Erst habe ihn gefragt, ob die Stadtwerke ihn wg. einer Solaranlage für seinen Wohnwagen „beraten“ könne. Das war am 4.5.1988.

Zwei Wochen später, am 18.4. beginnen Bestellungen von 6 Solar-Paneelen und entsprechendem Zubehör für den Wohnwagen des ÖTV-Aufsichtsrats, alles wird ihm fachgerecht montiert, selbstverständlich kostenlos.

Bei seiner Befragung gestern meinte der Stadtwerke-Chef Czichon, er habe damals nur bei der Kundenberatung anfragen wollen, ob es eine „abgängige“, abgeschriebene, zu verschrottende Solarzelle gebe für seinen Aufsichtsrat. „Eine solche hat sich offenbar gefunden“, behauptete Czichon, ansonsten sei Erdt nur „beraten“ worden. Czichon ganz naiv, als wisse er nicht, was damals passiert ist: „Wenn Mitarbeiter neue beschafft haben, um sie ihm zu schenken, wäre das völlig gegen meine Weisung.“

Wirklich? Czichon hatte in großer Fürsorge für seinen Aufsichtsrat eigenhändig einen Satz aufgeschrieben, den ein untergebener Mitarbeiter nicht falsch verstehen kann: „Vermutlich haben wir auch eine geeignete Solarzelle, die bei uns überflüssig ist und die wir Herrn Erdt (kostenlos?) zur Verfügung stellen können.“ Vermutlich hatte der das doch so verstanden, wie das vermutlich gemeint war. K.W.

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