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"Die Frechen kriegen eins drauf"

■ Am Rande der Tagung des bundesweiten Kinderparlaments im Reichstag: Zwei Mädchen sprechen mit einem rechten Jungen über Ausländerfeindlichkeit

Am Rande des Bundestreffens der Kinderparlamente am vergangenen Montag im Reichstag forderten zwei Berliner Mädchen einen Jugendlichen aus Wanzleben (bei Magdeburg), der an Kleidung und Haaren als „Rechter“ auszumachen war, auf, seine Haltung zu Ausländern zu beschreiben. Der 16jährige René absolviert ein Berufsgrundbildungsjahr. Die 13jährige Tupoka, deren Vater aus Tansania kommt, und die 17jährige Anemon sind Schülerinnen. Beide arbeiten in der Gruppe „Kids beraten Senator“ mit.

taz: Rene, bist du politisch rechts eingestellt?

René: Ja, so halbwegs.

Bist du auch gegen Ausländer?

Ab und zu mal, ja.

Anemon: Hast du diese Überzeugung, weil es jetzt ziemlich in ist und viele so denken?

René: Nein. Ich habe auf einer Klassenfahrt ein schlechtes Erlebnis gehabt, seitdem ist es für mich vorbei. Außerdem haben meine Eltern durch Ausländer ihren Arbeitsplatz verloren. Bei uns in Wanzleben sind Ausländer, die klauen wie die Raben, und wir haben deswegen schon mal die Schuld gekriegt.

Tupoka: Gibt es bei euch Asylantenheime, die angegriffen werden?

René: Die werden von uns nicht angegriffen. Die nölen uns nur dauernd voll, bis es uns dann reicht.

Anemon: Solche schlechten Erfahrungen wie mit Ausländern könnten dir aber auch mit Deutschen passieren.

René: Mit Deutschen habe ich aber noch nicht solche schlechten Erfahrungen gemacht wie mit den Ausländern. Vielleicht kommt das daher. Ich weiß nicht.

Anemon: Wie weit würdest du gehen?

René: Tun sie mir nichts, tu ich ihnen nichts. Kommen die mir frech, kriegen die eins auf den Deckel.

Tupoka: Warum hast du gerade in der Arbeitsgruppe „Ausländer“ beim Kinderparlament mitgearbeitet?

René: Weil ich mal sehen wollte, wie das hier im Westteil ist. Der Schülertreff Wanzleben wurde vor vier Wochen gegründet, weil wir zu wenige Freizeitmöglichkeiten haben. Dort haben wir jetzt eine große Anlage mit Computerräumen und Tischtennisplatten und so was.

Tupoka: Was sagst du zu dem Wort Scheinasylant?

René: Das sind die, die nur hierherkommen, um Geld zu machen und einen Fetten markieren wollen. Ich verstehe nicht, warum Russen, die jetzt wieder nach Deutschland zurückgekommen sind, sich nach ein paar Monaten einen BMW leisten können. Bestimmt, weil sie schwarzarbeiten.

Anemon: Hast du dir mal angeguckt, wie die Asylbewerber in den Heimen leben?

René: Ich war einmal in so einem Heim drin. Die haben da den neuen Megadrive (Computer) stehen und die neuesten Fernseher. Die kriegen bei uns alles in den Arsch gesteckt. Die brauchen keine Miete zahlen, kein Stromgeld, kein Wassergeld.

Anemon: Wovon sollen sie das denn bezahlen, wenn sie nicht arbeiten dürfen?

René: Die kriegen doch Geld vom Staat.

Tupoka: Die kriegen 150 Mark im Monat.

Anemon: Was ist mit Flüchtlingen, die wegen einer Hungersnot hierherkommen?

René: Dann steigt aber die Kriminalität. Wenn die Jugendlichen keine Lehrstellen kriegen, weil die Ausländer sie wegnehmen. Die können doch da bleiben, wo sie hergekommen sind, außer die Länder, wo jetzt Krieg ist.

Glaubst du, daß sich deine Haltung zu Ausländern durch das Treffen hier im Reichstag verändern wird?

René: Das weiß ich nicht, muß ich mal sehen. Gespräch: Plutonia Plarre

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