„Ich hab' die Hände gern im Abwasch“

■ Erika Ruff („Hausfrauengedicht“) gewinnt Literaturpreis der Kulturwerkstatt Westend: „Nicht daß Hausfrau mein Leben wäre“

„Liebe Hörerinnen und Hörer, heute komme ich Ihnen mit einem Gedicht, aber keine Angst, es wird nicht elegisch: Hausfrau.“ Erika Ruffs Ansage, die da vom Band ins heimische Wohnzimmer dringt, klingt irgendwie nach einem weiblichen Heinz Erhardt. Vor sieben Jahren saß sie bei Radio Bremen III vorm Mikro und eröffnete eine Stunde „Offenes Radio“, sonntags um halb sechs, mit ihrem Hausfrauengedicht. Das „Offene Radio“ gibt es nicht mehr, das Hausfrauengedicht kam zu neuen Ehren: Erika Ruff ist mit ihm eine der vier PreisträgerInnen des Literaturpreises der Kulturwerkstatt Westend geworden.

Thema des Wettbewerbs war Meine Arbeit — Mein Leben, „und da blieb für mich nur mein Hausfrauengedicht über“, sagt Erika Ruff. „Mein Leben ist das ja nun nicht grade, es gibt ja auch was anderes, aber es ist doch seit dreißig Jahren meine Tätigkeit.“ Ganz banal, Kochen, Putzen, Spülen, und gerade da ist sie am kreativsten. „Ich möchte ja gerne 'ne Spülmaschine, hab' aber auch gern die Hände im Abwasch, da denk' ich am liebsten nach.“

Dann reiß ich von meinen Gedanken mich los: Heut' gibts was wo billig, wo war das bloß? Erika Ruff ist eine, die das mag, was um sie herum passiert. Die Aktionen ihrer Nachbarin zum Beispiel, die schon über achtzig ist und mit ihrer Freundin auf der grünen Wiese ihren Korn trinkt und braunen Kohl zuhause ißt. „Prost Hilda, Prost Lenchen — da setz' ich mich dann an den Hocker am Wohnzimmertisch und schreib alles auf.“ Wie damals, als Krügers wegzogen, oder zum 70. Geburtstag eines lieben Verwandten.

Einen dicken Stapel Papier hat Erika Ruff auf den Tisch gelegt und erzählt von Gedichten wie Gänseblümchen, Herbstnebel, Tschernobyl. Die meisten davon wurden schon im „Offenen Radio“ gesendet, denn sie nur einmal der Familie vorzulesen, das ist ihr zu wenig. Ihrem Mann und ihren beiden Söhnen gefällt das, „nich' Ewald, die Kinder finden das toll“.

Mit den Jahren, meint die Dichterin, habe sie gelernt, an ihren Texten zu feilen. Sie läßt sie erstmal abliegen, und was ihr später schwulstig vorkommt, muß weg. Weil sie die Dinge auf den Punkt bringen und nicht großartig, sondern einfach schreiben will.

Beim Schnelldichten bei Radio Bremen hat Erika Ruff einen Teddybären gewonnen — weil es ums Bärenaufbinden ging —, der sitzt heute noch auf dem Sofa. Seither gehört sie zum Club der dollen Dichter. Wenn der Offene Kanal demnächst seine Radiofrequenzen kriegt, da ist sie dabei, das weiß sie. „Ach ja, und zur Uni geh' ich auch, denn die Zeit meines Lebens gibt mir noch mehr. Sie können übrigens ruhig schreiben, daß ich sechzig bin, aber nennen Sie mich nicht alte Dame.“

Ganz doll gefreut hat sie sich natürlich über den Literaturpreis („Ich sach noch zu Henning, stell' dir vor, deine Mutter gewinnt“). „Ich falle ja da in den Bereich Lyrik, obwohl ich finde, daß das, was ich schreibe, gereimte Prosa ist. Mir fällt was ein, und dann reimt sich das.“ Silvia Plahl