Die Eroberung einer Domäne

■ Die „Maniacs“ sind Hamburgs einziges Frauen-Football-Team. Obwohl sie in der Bundesliga sind, läßt die Akzeptanz zu wünschen übrig Von Edwin Feindt

Wer am Montag oder Mittwoch abend im Stadtpark gegenüber dem Planetarium spazierengeht, kann eine kleine Überraschung erleben. Wenn einige rotgekleidete Gestalten mit überdimensionalen Schulterpolstern um ein ovales Lederei kämpfen, wundert sich so mancher, wer da so hart zur Sache geht. Erst wenn die Akteure ihre vergitterten Helme abnehmen und lange Haarlocken hervorquellen, merkt auch der letzte, daß es Frauen sind, die einer der vorgeblich härtesten und männlichsten Sportarten ausüben: American Football.

Viele ziehen nach dieser Enthüllung kopfschüttelnd weiter. „Aber immer mehr bleiben interessiert stehen und schauen zu“, freut sich Patricia Hein, die Pressesprecherin der Hamburg Maniacs, dem einzigen Frauen-Football-Team der Hansestadt. 1991 gingen die Maniacs aus den legendären Dolphins und den HSV Tigers hervor. „Als wir über den Namen abstimmten, fiel uns kein besserer ein“, erinnert sich Hein. „Die Verrückten“ paßt zu den knapp 30 Frauen, die in der ersten Bundesliga spielen – sie sind vom Football besessen. Zum Beispiel die 27jährige Susanne, eine der beiden Mütter im Team, die gleich nach der Geburt ihres Sohnes Philip wieder zu spielen anfing. Die Footballerinnen sind hart im Nehmen: Auf etwaige Prellungen, blaue Flecken oder Stauchungen wird keine Rücksicht genommen.

Doch der eigene Einsatz kann nur wenig daran ändern, das es noch an Akzeptanz mangelt. Das fängt bei den Bezirksämtern an, deren Sportreferenten nicht glauben wollen, daß Frauen diesen Sport ernsthaft betreiben. Selbst im eigenen Lager ist Frauen-Football umstritten: Vom Hamburger Landesverband erhalten die Maniacs keine nennenswerte Unterstützung.

Zwiespältig ist ebenfalls das Verhältnis zu den männlichen Kollegen. Einerseits lautet das Credo der Hardliner, die ihre Domäne bedroht sehen: „Keine Frauen als Referees und als Spieler!“ Andererseits gibt es Akteure der Blue Devils und der Patriots, die zum Stammpublikum der Maniacs gehören. Für Hein liegen die Gründe klar auf der Hand: „Sie sehen ein von Technik bestimmtes Spiel und können mit uns fachsimpeln.“ Aber richtig ernst nehmen die Sympathisanten die Frauen nicht. Ist ein gewisser Alkoholpegel erreicht, kommen doch die dummen Sprüche.

Eine Sonderbehandlung lehnen die Maniacs dennoch ab. Es stört sie nicht, daß für Frauen das gleiche Reglement gilt wie für Männer: 100-Meter-Spielfeld, viermal zwölf Minuten Spielzeit und mindestens 24 Spielerinnen auf der Mannschaftsliste. Wozu auch, denn Frauen besitzen die Eigenschaften, die für American Football entscheidend sind: Ausdauer, Schnelligkeit und Technik.

Die Bundesspielordnung macht ebenfalls kaum einen Unterschied. Nur ein Absatz berücksichtigt die anatomischen Differenzen zwischen den Geschlechtern: Statt des männlichen Suspensoriums, vulgo: Eierbecher, müssen die Frauen einen Brustschutz tragen. „Wir haben reichlich gelacht, als wir diese Neuerung im letzten Jahr lasen“, berichtet Hein, „denn kein Ausrüster hat einen Brustschutz in seinem Programm.“ So bleibt es der Phantasie der Frauen überlassen, wie das entsprechende Utensil beschaffen zu sein hat.

Ein anderes Problem finden die Frauen gar nicht komisch: der fehlende sportliche Nachwuchs. Im Gegensatz zu den Männern können die Maniacs mangels Masse keine organisierte Jugendarbeit leisten. Kein Wunder, daß bundesweit momentan nur 26 Teams existieren, obwohl es für Frauen seit Ende der 80er in Deutschland einen organisierten Ligabetrieb gibt.

Von einer Art Aufbauliga stiegen die Maniacs bis in die höchste nationale Spielklasse auf: die Nord-Gruppe der ersten Bundesliga. Dort treten die Maniacs gegen Teams aus Hannover, Bochum, Mühlheim-Paderborn an – und gegen die Berlin Adler Girls, den langjährigen deutschen Meister.

Um ihrem Saisonziel, der Teilnahme an den Playoffs, ein Stück näher zu kommen, müssen die Maniacs morgen das Rückspiel gegen die Spielgemeinschaft aus Mühlheim-Paderborn gewinnen. Die Chancen stehen gut, im Hinspiel vergaßen die Football-besessenen Frauen ihre hanseatische Zurückhaltung und siegten mit 24:0.

Kickoff ist morgen um 15 Uhr am Sportplatz Tribünenweg in Hamburg-Horn, Eintritt: fünf Mark; Ansprechpartnerin ist Patricia Hein (