: Ex-und-hopp-Staatssekretäre im Kommen
■ In Berlin erhalten sie nur befristete Verträge, Hessen verlangt eine Probezeit
Berlin (taz) – Bundesinnenminister Manfred Kanther wird von Zweifeln geplagt: Soll er bei Spitzenbeamten „Führungspositionen“ auf Zeit zulassen? Berlin löst das Problem der hochbezahlten Staatsdiener auf seine Weise: Unter dem Zwang des Sparens wurde ein völlig neuer Beamtentypus erfunden: der Einwegstaatssekretär. Er ist billig und kann nach einer Legislaturperiode fortgeschickt werden – kostenfrei.
Als Bausenator Jürgen Klemann (CDU) dieser Tage seine Baudirektorin im Rang einer Staatssekretärin vorstellte, war er sichtlich bemüht, eine administrative Mimikry zu erklären: Barbara Jakubeit sehe nur so aus wie eine Staatssekretärin, sei aber gar keine. Tatsächlich werde Jakubeit schlechter als eine reguläre Staatssekretärin bezahlt, sagte Klemann. Ihr Vertrag sei befristet, und sie baue auch keine versorgungsrechtlichen Ansprüche gegenüber dem Land auf. Zu deutsch: Berlin wird der ehemaligen Präsidentin der Bundesbaudirektion keine Pension zahlen müssen.
Genauso wird es den Staatssekretären gehen, die demnächst zur Anstellung anstehen. Auch die Schulsenatorin, der Kultur- und der Umweltsenator haben fähige Leute gefunden, die sie gerne zu ihren Stellvertretern ernennen wollen. Das Problem: Die Staatssekretärsflut verträgt sich nicht mit dem harten Sparkurs der Stadt. Die Senatorenstellvertreter sind nämlich teuer: Als politische Beamte erwerben sie bereits nach einem Arbeitstag den Anspruch auf ein fünfjähriges Gehalt in Höhe von 75 Prozent ihrer Bezüge. Wie andere Bundesländer ist Berlin daher bestrebt, die Folgekosten für die Topbeamten zu senken. Finanzsenatorin Annette Fugmann- Heesing (SPD) hat die Parole ausgegeben, daß Staatssekretäre billiger zu sein haben und anders heißen müssen.
Berlins Staatssekretärsproblem entstand bereits im Frühjahr. Obwohl die Zahl der Senatsressorts nach der Neuwahl von 16 auf 10 verringert worden war, kamen die 21 Staatssekretäre ungeschoren davon. Die Große Koalition hatte echte Versorgungsfälle zu lösen: Die CDU hievte beispielsweise ihren glücklosen Partei-Generalsekretär Dieter Ernst in ein Staatsamt. Er wurde zum zweiten Staatssekretär für Wirtschaft geadelt. Und die SPD erfand gar ein völlig neues Regierungsamt, um den Bundestagsabgeordneten Gerd Wartenberg unterzubringen. Er ist nun in der Senatskanzlei für die Koordination der SPD-Länder zuständig — als Staatssekretär. „So eine Funktion gibt es überhaupt nicht“, schüttelt Oppositionspolitikerin Renate Künast von den Bündnisgrünen den Kopf.
Künast und ihre Fraktion haben ein Staatssekretärsgesetz vorgelegt, das die Luxusversorgung der politischen Beamten zurechtstutzt: Die Gehälter der Staatssekretäre sollen danach auf der Gehaltstufe B7 eingefroren werden. Werden sie geschaßt, erhalten sie ein Übergangsgeld von höchstens zwei Jahren. Und Ruhegehälter sollen nur noch überwiesen werden, wenn der Staatssekretär sieben Jahre im Amt war. Eine ähnliche Regelung gibt es bereits im Baden-Württemberg. Hessen, ebenfalls auf Staatssekretärsjagd, will sogar eine sechsmonatige Probezeit einführen. Anlaß war dort ein Staatssekretär, der nach vier Monaten Dienst im Gesundheitsministerium mit dem stattlichen 75-Prozent-Gehalt in den „einstweiligen Ruhestand“ ging. Christian Füller
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