„Besser als ein Sechser im Lotto“

■ Happy Birthday, Wohnungspool: Seit einem Jahr sucht „Hinz& Kunzt“ Wohnungen für seine obdachlosen Verkäufer

„Ich kann das immer noch nicht fassen, jetzt habe ich den Schlüssel in der Tasche, das ist besser als ein Sechser im Lotto.“ Dem Hinz & Kunzt-Verkäufer Uwe Dierks ist die Freude anzumerken. Seit einem Monat macht er nicht mehr „Platte“ – wie es im Obdachlosen-Jargon heißt –, sondern hat mit der Hilfe von Claudia Peerenboom, Diplom-Pädagogin beim Hinz &  Kunzt-Wohnungspool, eine passende Bleibe für sich gefunden.

Passend heißt hier nicht die Berücksichtigung diverser Sonderwünsche, sondern die Unterbringung in einem ihm bekannten Stadtteil oder in einer Umgebung, die Probleme wie Drogen- oder Alkoholentzug nicht erschweren. Sieben Jahre hat Dierks auf der Straße gelebt; die Unterkunft ist für ihn der Schritt zurück in die Gesellschaft.

Seit der Gründung des Wohnungspools am 16. Oktober 1995 konnte für 35 Obdachlose eine Wohnung und für vier Obdachlose eine Übergangslösung gefunden werden. Auf der gestrigen Pressekonferenz zum Einjährigen interpretierte Wohnungspoolerin Claudia Peerenboom die Zahlen „als Erfolg, der beweist, daß man sich Mühe gegeben hat, passende Wohnungen zu finden“. Das Ziel für die nächsten Jahre liegt zwischen 30 und 50 Wohnungsvermittlungen pro Jahr. Hierbei ist das Projekt auf Hilfen angewiesen, da es sich nur aus Spenden finanziert.

Die Hilfe bei der Eingewöhnung in die neue Wohnung, sagt Peerenboom, nehme auch eine Menge Zeit in Anspruch. „Oft fangen die Probleme erst nach dem Einzug an“, erklärt Pool-Sozialpädagogin Wiebke Dimmlich. „Manche haben mit der Einsamkeit zu kämpfen, andere mit der Angst, gegen die Hausordnung zu verstoßen; wieder andere müssen Formalitäten, wie die monatliche Überweisung der Miete, erst wieder lernen.“

Jörn Meier vom Hamburger Wohnungsunternehmen Gagfah kennt die Ablehnung, die viele Wohnungsunternehmer und -eigentümer gegen Obdachlosen hegen. Durch seinen Kontakt zum Wohnungspool beurteilt er die Situation nun anders: „Wir stehen nicht mehr alleine mit dem Mieter und seinen Problemen da“. Mit der Vermietung an Hinz & Kunzt-Verkäufer hat Meier gute Erfahrungen gemacht.

Der Berliner Olaf Grunow hat seit Januar eine Wohnung, obwohl er noch nicht lange genug in der Stadt ist, um ein Recht auf eine Sozialwohnung zu bekommen. Durch die Bleibe sieht er neue Chancen für sich: Er möchte sein Leben neu ordnen und „nicht mehr davonlaufen“. Janne Schumacher