Jobvernichtung nicht vergolden

■ Hamburger Grüne wollen nach Münchner Modell Wertzuwächse bei Grundstücksumwandlungen abschöpfen

Eine Dortmunder Brauerei, die ihr Betriebsgelände in Hamburg-Nienstedten verkaufen will, kriegt für den Quadratmeter normalerweise 250 Mark. Ändert die Stadt jedoch das Planrecht für diese Industriefläche, damit dort künftig Wohnungen gebaut werden können, klettert der Quadratmeterpreis auf satte 1.300 bis 1.500 Mark. Die Brauerei kassiert die komplette Wertsteigerung des Grundstücks, obwohl sie nur verkauft.

Das ist ungerecht und muß sich ändern, weil schließlich nur die Stadt hier eine Leistung erbracht hat, findet die GAL. Und mit ihr finden das Altonas SPD-Chef Olaf Scholz und die Baubehörde. Grundeigentümer, sagen sie, sollten Teile ihrer „Planungsgewinne“an die Hansestadt abführen. Dieses Geld könnte in Kindergärten und Schulen investiert werden.

Nur auf die Idee, die Forderung umzusetzen, kam bisher niemand. Gefürchtet wurde, Investoren suchten sich dann nur noch Grundstücke außerhalb der Stadtgrenzen. Totaler Irrglaube, sagt Christiane Thalgott. Die Münchner Stadtbaurätin beweist seit Jahren das Gegenteil. Seit Anfang der 90er Jahre kassiert die bayerische Landeshauptstadt 40 Prozent der Planungsgewinne durch Baurechtsänderungen und finanziert davon Sozialwohnungen, Schulen, Kindergärten und Grundstückserschließung. Abgeschreckt hat das niemanden. Im Gegenteil: 1996 flossen so 100 Millionen Mark in das schwindsüchtige Stadtsäckel.

„Die Gewerbesteuereinnahmen, der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer – alles war rückläufig. Nur die Kosten für Sozialhilfe nicht. Wir haben irgendwann feststellen müssen, daß München die Infrastruktur aus dem normalen Haushalt nicht mehr finanzieren kann“, schilderte die von der GAL an die Elbe eingeladene Thalgott am Donnerstag Verhältnisse, wie sie Hamburg kennt.

„Um den sozialen Frieden zu retten“, werden seitdem „Bodenwertgewinne sozial und gerecht genutzt“: Die Stadt erhält 40 Prozent des Gewinns und verpflichtet sich, diese Mittel im Haushalt für Infrastruktur festzuschreiben . Diese Regelung gilt auch für städtische Grundstücke. Nach dem Motto „gleiches Recht für alle“müssen selbst Bauherren, deren Land im Wert steigt, obwohl dort keine Wohnungen geplant sind (z.B. nur Umwandlung eines Ackers in Gewerbegebiet), Geld für den sozialen Wohnungsbau abführen. „In zwei Jahren“, so Thalgott, „haben wir 51 Verträge geschlossen und 510.000 Quadratmeter Wohnraum geschaffen“. Hamburg ist beeindruckt und will jetzt „prüfen“, ob das Münchner Modell übertragbar ist. Heike Haarhoff