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Was ist bloß des Konfliktes Kern?

■ Hamburgs Grüne verlieren im ideologischen Richtungsstreit die Orientierung

Ja, was denn nun? Streiten sich Hamburgs Grüne über Personen oder über Programme? Über eine mögliche Regierungsbeteiligung, über Knackpunkte oder Anpassungsängste? Einerseits fliegen verbal die Fetzen wie lange nicht. Die Sach- und Beschlußlage ist dagegen eine gänzlich andere.

Die GAL hat eine politisch austarierte, professionalisierte Parteispitze, einen integrativen Vorstand, eine kollegiale Bürgerschaftsfraktion und ein Wahlprogramm, dessen Ziel Mitregieren lautet. Die Koalitionsaussage ist Rot-Grün, Knackpunkte sind ausdrücklich ausgeschlossen.

Noch nie, so jedenfalls die Papier- und Beschlußlage, sind Hamburgs Grüne derart realpolitisch und kundig in einen Bürgerschaftswahlkampf gestartet. Auch persönliche Animositäten, oft ein grünes Problem, sind auf einem historischen Tiefstand angelangt. Die VertreterInnen selbst der unterschiedlichsten GAL-Strömungen verstehen sich menschlich-kollegial mittlerweile weit besser, als dies bei SPD und CDU üblich ist.

Der Kern des neuen Konflikts liegt tiefer: Der Wandel von der Protest- zur Regierungspartei, eingebettet in die allgemeine große Veränderung unserer Weltbilder seit 1989, verlangt den Grünen einen grundlegenden Paradigmenwechsel ab. Was wollen sie gestalten? Was können sie gestalten? Wo macht man sich zwangsläufig die Finger schmutzig?

Realos und Fundis eint angesichts des Verlustes der alten politischen Koordinatensysteme die Unsicherheit. Läßt sich in einem Stadtstaat wirklich eine Wende in zentralen Politikfeldern erreichen? Wer ist der Feind, zum Beispiel in Sachen Verkehr: der ADAC, die Betonindustrie oder die emanzipierte Autofahrerin? Wie erreicht man Erfolge? Durch Argumente, Konzepte, parlamentarischen Fleiß, Mitregieren und aufgeschlossene UnternehmerInnen, oder durch Druck von unten, Bündnisse mit Gewerkschaften, Initiativen und sozialen Bewegungen?

Hamburgs Grüne haben heute hierauf keine klaren Antworten. Während die Realos die Erwartungen ans Mitregieren niedrig hängen – Motto: allenfalls kleinste Schritte sind möglich –, glaubt bei der Linken niemand mehr an den großen Druck von unten, der die Verhältnisse zum Tanzen bringt.

Die eigene Unsicherheit bricht sich stattndessen in gegenseitigen Vorwürfen Bahn. Ob Realissimo Willfried Maier dem GAL-Linken Andreas Bachmann „Sozialdemokratismus“, Verherrlichung des Staatsapparats und eine „zu latschige, zu rechte“Position vorwirft, oder ob die Linke die Realo-Promis der „Machtgeilheit“und „neoliberaler Tendenzen“verdächtigen – beides ist absurd überzeichnet.

Natürlich: Den GAL-Linken sind Vorstellungen von der Rettung der Welt durch einen guten Staat immer noch näher als den Realos, die auf eine staatsbefreite BürgerInnengesellschaft bauen. Die verbale Heftigkeit der Attacken beruht aber weit weniger auf sachlichen Konflikten als auf der polemischen Furcht, das innerparteiliche Gegenüber könne auf die Fundi/Realo-Positionen der späten 80er Jahre zurückfallen.

Viel spannender, zumal für die potentiellen WählerInnen, wäre etwas ganz anderes: Hamburgs Grüne sollten endlich mal verraten, mit welchen konkreten Schritten und Strategien sie, egal ob per Stadtstaatsapparat oder BürgerInnengesellschaft, Hamburg auf den von beiden Flügeln gewollten Weg einer sozialen, ökologischen und zukunftstauglichen Entwicklung bringen wollen. Das kuddelmuddelige Wahlprogramm gibt darauf bisher überhaupt keine klare Antwort. Florian Marten

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