: Ungeliebter Polizeipräsident
Hagen Saberschinsky wirkt angeschlagen – Innensenator Schönbohm fällt ihm öffentlich in den Rücken, und die Polizeispitze murrt gegen ihren Präsidenten ■ Von Barbara Junge
Er kommt nicht an in Berlin – weder bei der Bevölkerung noch bei seinen Mannen. Und diese Woche hat sich auch Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) die Stimmung gegen Hagen Saberschinsky zunutze gemacht.
„Berlin ist nicht New York, die banal klingende Feststellung will ich an den Beginn meiner Ausführungen setzen“, leitete der unauffällige Mann im Fischgrätenjackett seine Rede ein. Für seine Verhältnisse waren die Worte, mit denen er gegen New Yorker Verhältnisse argumentierte, eine klare Aussage. Hagen Saberschinsky, Polizeipräsident in Berlin, hatte am Mittwoch bei der Gewerkschaft der Polizei einen schweren Stand als er gegen das umjubelte Polizeikonzept von New Yorks Expolizeichef William Bratton auftrat. Er wies seine Beamten darauf hin, daß man die New Yorker Methoden nicht brauche und die rechtlichen Voraussetzungen ein solches Vorgehen nicht zuließen.
„Natürlich sind Berlin und New York nicht gleich, aber trotz der unterschiedlichen Rechtssysteme können wir die Erfahrungen aus New York auf Berlin übertragen“, kanzelte wenige Minuten später Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) seinen Polizeipräsidenten ab – und erhielt Beifall. Schönbohm war direkt nach Saberschinsky an das Rednerpult getreten und nutzte offensichtlich die Gelegenheit, sich von ersterem vor der versammelten Polizeiführungsspitze zu distanzieren.
Wo der stets etwas steif wirkende Saberschinsky trockene Zahlen addierte und seine Rechnung unterm Strich ein Minus für New York ergab, atmete Schönbohm den Geist der Truppe. Er hat es gerochen, daß sich die Stimmung der Polizisten im Raum gegen Saberschinsky gewendet hatte. Um die Stimmung zu bedienen, versprach Schönbohm im Gegensatz zu Saberschinsky deshalb auch für Berlin einen Mentalitätswechsel wie es ihn in New York gegeben habe. Seine feinen Spitzen gegen Saberschinsky kombinierte er außerdem mit deutlicher Parteinahme für die Polizei: „Die Erweiterung der polizeilichen Befugnisse nach New Yorker Beispiel“ könne gar nicht zum Polizeistaat führen, denn „eine Demokratie ist per Definition kein Polizeistaat“, so Schönbohm.
Obwohl auch der Innensenator implizit zu verstehen gab, daß Brattons Konzepte für Berlin nicht taugten, nahm das Publikum nur Hagen Saberschinsky seine Ablehnung übel. Während Schönbohm und Bratton, ja sogar der bündnisgrüne Fraktionschef Wolfgang Wieland lauten Applaus erhielten, murrten viele Teilnehmer der Tagung bei Saberschinskys Rede. „Er hat es mal wieder nicht verstanden“, kommentierte ein Mitarbeiter der Polizeipressestelle Saberschinskys Ausführungen über die Differenzen zwischen den beiden Städten.
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