: Feuerzangenbowle ohne Heinz R.
■ Galerie Steinbrecher Am Dobben zeigt Kunstwerke von Ex-SchülerInnen des Gymnasiums Hamburger Straße
Gemeinsam die Schulbank gedrückt, LehrerInnen gequält, Hausaufgaben verweigert und dann, jenseits der Schwelle zur Erwachsenenwelt, sich doch aus den Augen verloren. So verläuft bei den allermeisten in der Regel der Weg von der Schule ins Berufsleben. Man bekommt es somit zwar selten live mit, aber selbst aus dem größten Kindskopf wird später mal tatsächlich und unvermeidlich ein Erwachsener, und einige von ihnen werden sogar was Anständiges: KünstlerInnen z.B..
Was man über die eigenen MitschülerInnen womöglich nie wissen wird, können die AbsolventInnen der Schule „An der Hamburger Straße“nun sogar durch eine Ausstellung der Galerie Steinbrecher in Erfahrung bringen. Anläßlich des anstehenden 75sten Geburtstags der Schule hat der Kunstlehrer Merten Sievers vor einem Jahr damit begonnen, Kontakt zu AbgängerInnen zu suchen, die im weiten Feld der Kunst einen Beruf gefunden haben. In Kooperation mit dem Galeristen Chris Steinbrecher hat er, vom Fotografen bis zur Internetdesignerin, 30 KünstlerInnen ausgewählt, deren Werke ab heute für knapp eine Woche zu sehen sind.
Interessant ist die Ausstellung nicht nur für die, die einen persönlichen Bezug zum Gymnasium haben. Für Sievers steht im Mittelpunkt, „die enorme Bandbreite möglicher Berufe im Kunstbereich deutlich zu machen und denjenigen künstlerisch begabten SchülerInnen Mut zu machen, die demnächst über ihre berufliche Zukunft entscheiden müssen.“Daß ein Großteil der AustellerInnen in den 80er und 90er Jahren abgegangen ist, deutet Steinbrecher „als Indiz dafür, daß die generell angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt die Leute wieder dazu bringt, ihre sowieso geringen Chancen da zu suchen, wo sie die größte Begabung haben.“Wenigstens ein positiver Effekt der Misere, der den Exponaten in aller Regel auch anzusehen ist. Neben zwei ausgefallenen Bildern des in Kalifornien lebenden Fotografen Daniel Dobers stechen die Industriefotografien von Henrik Spohler und eine Skulptur aus Eisen und Holz von Sabine Albers hervor. Besonders witzig: Ein Löffelhalter von Miriam Steffen, der das lästige Abtauchen von Schöpfkellen in Saucen verhindert. Wie gut, daß es diese Schule gibt. Ohne sie wäre die Welt um eine praktische Erfindung ärmer. zott
Die Ausstellung wird um 20 h eröffnet und ist in der Galerie Steinbrecher, Am Dobben 123, zu sehen
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