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Golfen, Surfen im Internet und Karaoke

■ Es gibt ein Problem bei der gemeinsamen Urlaubsplanung von Eltern und Kindern

Was ist Urlaub? In den Rockys radeln, in Venedig der Venus huldigen, auf Sardinien die Sonne suchen, mit dem Moped Mallorca vollstinken. Ist doch klar. Doch fragen wir Söhnchen. Und da heißt es schlicht: Mit Harm von nebenan Fußball spielen und Kaulquappen fangen sowie Schumi gucken ohne Ende. Daraus erhellt: Es gibt ein Problem bei der gemeinsamen Urlaubsplanung von Eltern und Kindern.

Von unseren Kindern könnte sogar das Schreckensbild des Urlaubers, der deutsche Spießer, noch was lernen. Ein Land, wo die Leute komisch sprechen: schrecklich. Eine Küche, die Kaninchenpfoten in Auberginenaspik statt Pommes Rotweiß bietet: grauenhaft. Berge raufklettern, um wieder runterzuklettern: crazy. Interkultureller Austausch als Bildungserlebnis: Ich hab' doch Harm von nebenan.

Die einzig denkbare Form von Urlaub geht so: Die Alten kraxeln auf Korsika, der Nachwuchs bleibt bei Oma daheim. Nur: Was ist, wenn die Oma nicht verfügbar oder vorhanden ist? Dann müssen windelweiche Kompromisse her, mit denen niemand glücklich wird außer der Dienstleistungsbranche, die von der Organisation solcher Kompromisse lebt.

Der Markt ist da, also muß es das wohl geben: „Gina's Baby- und Kinder-Erlebnishotel“. Im Kärntischen. Wo Kinder ab sechs Jahren golfen lernen können. Mit Betreuung! Mit Vollpension! Schlappe 1600 Mark pro Familie und Woche. Hat mal einer ausgerechnet, wieviele Micky-Maus-Hefte das wären?

Auch dies war zu befürchten: ein Internet-Workshop für Kinder in der Lüneburger Heide. Aber selbst sehr sorglose Eltern, vielleicht sogar Rabeneltern, würden doch den Blagen Besseres in den Ferien wünschen als ausgerechnet Kurse vor der Kiste, die aufs Virtuelle heiß machen. Einziger Vorteil: Man wäre den Nachwuchs zuverlässig los. Schon die Preise verböten mitzusurven (Kinder zahlen fürs Internet 290 Mark die Woche, Eltern 35 Mark die Stunde, was bei einer 40-Stunden-Woche 1400 Mark wären).

Den Gipfel der Schrecknisse stellen sogenannte „Kinderanimationsprogramme“dar. Das Unwort hat sich als Zauberwort in die Prospekte der Reiseveranstalter eingeschlichen. Kinderanimation! Es gibt keine animierteren Kinder als die, die mit Harm von nebenan Fußball spielen dürfen und erbeutete Kaulquappen zählen. Läßt man Kinder in Ruhe, beobachtet man unter Erwachsenen fast unbekannte Phänomene der Selbstanimation! Doch weil man sich heute vorsichtshalber lieber alles kauft, geben verunsicherte Eltern einen Haufen Geld für ihren organisierten Kinderurlaub aus. Indes können sie sicher sein: Unter Kinderanimation verstehen Reiseveranstalter nur Karaoke. Karaoke. Karaoke.

Kurz: Urlaub mit Kindern ist Quatsch. Schon bei der gemeinsamen Kinderplanung sollten sich erwachsene Menschen darüber klar sein, daß ab Geburt für ein paar Jahre Essig ist mit „Weltmeister im Reisen“. Von den Kindern lernen heißt Selbstanimation lernen. „Reisen bildet“kann man getrost aufs Alter verschieben. Außerdem kriegt man von Sonne Krebs. Außerdem fördert nichts die Erholung besser, als im heimischen Liegestuhl zu hängen und den Kindern beim Fußballspielen und Kaulquappenfangen zuzusehen. Allenfalls mal ein gemeinsames Lagerfeuer, dessen Rauchwölkchen seelenheilend zum nordischen Himmel aufsteigen. Burkhard Straßmann

Foto: Markus Scholz

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