: Massenfraß statt Fisch süß-sauer
■ Studentenwerk will die Imbisse vertreiben, die nach dem Mensa-Brand schnell und unbürokratisch geholfen hatten / Zelt für Massenversorgung wird in der James-Watt-Straße aufgestellt
Zwischen „dumm“und „unverschämt“schwankten die Reaktionen der erwartungsvollen EsserInnen Ende der vergangenen Woche in der Uni. Auf den Theken der Imbißkioske lag ein Schreiben des Studentenwerkes: „... hiermit widerrufe ich die Ihnen erteilte Genehmigung, ein Verpflegungsangebot auf dem Unigelände zu unterbreiten ...“Zum 31. Oktober ist Schluß mit Gyros, Ente chinesisch, Pizza, Salatbuffet und Pfannekuchen. Über zwanzig verschiedene Gerichte waren seit dem Brand in der Mensa von fünf Imbissen im Freien angeboten worden. Die Preise für eine Mahlzeit liegen zwischen drei und sieben Markt. Bei gutem Wetter zur Mittagszeit stehen die Hungrigen auch für eine Currywurst in der Schlange.
Zur Zeit läßt das Studentenwerk ein Küchen- und Eßzelt mit 1.000 Sitzplätzen in der James-Watt-Straße errichten, in dem ab 1. Oktober bis zu 3.500 Essen ausgestoßen werden sollen. „Im Rahmen einer Gesamtlösung haben wir uns entschlossen, die Versorgung der StudentInnen wieder selbst zu übernehmen“, meint Christian Rohlfing, Geschäftsführer des Studentenwerkes. Für drei Millionen Mark aus dem Hochschuletat wird das Studentenwerk die nächsten zwei Jahre StudentInnen und Bedienstete in dem Zelt beköstigen. „Wir mußten angesichts des nahen Winters und des Semesterbeginns handeln. Die Studenten wollen von uns ein billiges Verpflegungsangebot“, erklärt Rohlfing. Gegen die Kündigung der Kioske hätten sich nur einige Bedienstete ausgesprochen, aber die, so Rohlfing, brauchten eben nicht auf den Pfennig zu achten. Die Kündigung der Kioske sei betriebswirtschaftlich notwendig, meint der Geschäftsführer des Studentenwerkes. Die immensen Investitionen für das Zelt seien nur sinnvoll, wenn die StudentInnen auch das Angebot annähmen. „Die Kioske sind für uns eine nicht akzeptable Konkurrenz“, sagt Rohlfing und fährt fort, „wir haben Verpflichtungen gegenüber unseren anderen Cafe- und Restaurationspächtern.“
Entrüstet weist Andreas Hein, Präsident des Studentenparlamentes den Verdacht zurück, die Studentenschaft würde die Kündigung der Kioske gutheißen: „Wenn der Brand der Mensa etwas Gutes hatte, dann das Essensangebot der Kioske. Ich habe acht Semester Mensa hinter mir. Das langt.“Zwar unterstützt auch der AStA das Aufstellen des Zeltes, aber er verlangt weiterhin das Angebot der Imbisse: „Wir brauchen die Buden, ich will mir nicht vorschreiben lassen, was ich esse. Manchmal will ich mir eben eine Currywurst reinziehen.“
Hein verweist auf die Tatsache, daß für das kommende Semster sowohl die Studentenwerksbeiträge (von 48,- auf 60,- Mark) und die Essenspreise (von 1,60 auf 1,80 Mark für Eintopf und von 2,50 auf 3,- Mark für das Stammessen) drastisch erhöht werden. „Unverschämt ist das, mehr Geld für weniger Leistung. Das Studentenwerk ist Dienstleister und keine Geldbeschaffungsanlage“, sagt der AStA-Mann.
Personalrat Manfred Schürz kritisiert das Versorgungsmonopol des Studentenwerkes und verweist auf eine Umfrage des Personalrates. Danach gelüstet es hungrige StudentInnen nach Vegetarischem, Frischem, Vielfältigem und Internationalem. „Wir müssen auch die Pommesfront zur Kenntnis nehmen. Die Mensa kriegt Pommes nicht hin“, meint Schürz.
Andreas Wulf ist Besitzer des Pfannkuchenkioskes und Opfer der Kündigung. „Insgesamt bringen alle fünf Kioske keine 500 Essen täglich auf den Tisch. Das kann doch keine Konkurrenz für das Studentenwerk sein.“Nach dem Aufruf, die Versorgung der StudentInnen nach dem Mensa-Brand spontan zu sichern, hätten einige Händler auf anderwärtige Stelltermine verzichtet. „Wir hatten keine schriftliche Zusage, aber uns war gesagt worden, wir könnten mindestens zwei Jahre hier stehen“, meint Wulf. „Wir versorgen uns selbst mit Wasser und Strom, wir hätten uns auch was für den Winter einfallen lassen, wenn die Uni kooperativer gewesen wäre.“Statt dessen hat das Studentenwerk nun den ambulanten Händlern untersagt, selbst ein kleines, beheiztes Eßzelt aufzustellen. Thomas Schumacher
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