piwik no script img

Radio rabiat: Grünkohl muß der Hörer essen

■ Das „Freie Sender Kombinat“(FSK) feiert ein Jubiläum mit Hausmannskost

Andere kriegen Radiowecker, Rucksäcke oder Bohrmaschinen als „Dankeschön“-Präsent für ein Abo. Beim Freien Sender Kombinat (FSK), Hamburgs unkommerziellem Radio, ist das anders – der Preis ist heiß. Für eine Fördermitgliedschaft zum rechten Zeitpunkt gibt's Grünkohl. Aus der Dose. Mit Kochwurst und Kartoffeln.

Geladen in den kleinen Vorraum des FSK-Studios am Schulterblatt sind die Fördermitglieder 999, 1000 und 1001. Jochen B. ist die 999. „Ich hatte auf FSK gehört, daß dringend noch neue Förderer gesucht werden“, erinnert sich der 45jährige, der als Beruf „Lebenskünstler“angibt. Spontan griff er zum Hörer und meldete sich und seine Bekannte Kirsten P. (Nummer 1000) als Neu-Mitglieder an. Und war kurz darauf um 16,50 Mark pro Monat ärmer und eine Essenseinladung reicher, die am Dienstag abend im zwölf Quadratmeter großen FSK-„Foyer“eingelöst wurde.

Ein FSKler, den alle „Bubo“nennen, kocht. Genauer, er wirft die drei Bestandteile des Mahls ohne störende Gewürzverfeinerungen in beliebiger Reihenfolge in einen großen Topf, läßt köcheln und bittet zu Tisch. Der ist so klein, daß sich tischnachbarliche Ellenbogen und Rippen regelmäßig verkeilen. Und elf Personen dürfen sich sieben Messer teilen – beides recht kommunikativ!

Da ich ja nicht zum Vergnügen hier bin, flüstert mir FSK-Mitstreiter Andreas K. noch drei Botschaften ins Ohr, die in der nächsten taz unbedingt stehen müssen. Sie lauten erstens: Am 19. November wird die Hamburgische Anstalt für Neue Medien endgültig entscheiden, ob dem Sender-Kombinat die ausgeschriebene Frequenz 93,0 als Vollfrequenz zugeschlagen wird oder sich ein Konkurrenzbewerber am Wochenende statt FSK auf der Welle tummeln darf.

Zweitens: Da eine Teilung der Frequenz die gesamten Programmplanungen über den Haufen schmeißen und die HörerInnen nur verwirren würde, ist sie aus FSK-Sicht völlig unakzeptabel. Drittens: Um den Radiobetrieb rund um die Uhr zu finanzieren, braucht der werbefreie Sender noch viele, viele Förderer, die sich unter

Ich notiere brav mit und verspreche zu berichten. Bevor ich weiterkauen darf, erfahre ich noch, daß die neue Media-Analyse, die dem FSK auf dem Hamburger Radiomarkt einen HörerInnenanteil von satten 0,0 Prozent attestiert, auf anzweifelbaren Berechnungsgrundlagen fußt. Hatte ich mir irgendwie schon gedacht. Trotzdem danke.

Irgendwann ist der Grünkohl alle, an einen Verdauungsschnaps hat natürlich keiner gedacht und alle packen – standesgemäß – ihren Drehtabak aus. Und wie feiern wir das 2000. Förder-Mitglied? Steckrüben mit Schweinebauch vielleicht? Ja, Steckrüben sind prima.

Marco Carini

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen