: Politische Chronik des neuen Rußland
Im Juni 1991 wird Boris Jelzin der erste in allgemeiner demokratischer Wahl bestimmte Präsident Rußlands. Legitimiert durch diese Wahl stellt sich der frühere Moskauer Parteichef im August 1991 an die Spitze des Widerstandes gegen den Putsch konservativer Kommunisten. Nach dem Sieg über die Putschisten läßt Jelzin die Kommunistische Partei verbieten.
Ende 1991 scheitert Gorbatschows Entwurf eines neuen Unionsvertrages zur Rettung der Sowjetunion. Die Präsidenten Rußlands, der Ukraine und Weißrußlands gründen am 8. Dezember die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Die Sowjetunion löst sich zum Jahresende auf.
Mit der wirtschaftlichen Lage verschärft sich 1992/93 erneut der Gegensatz zwischen Reformern und Altkommunisten. Jelzins Gegner haben im noch sowjetisch gewählten Parlament die Mehrheit. Mit immer neuen Verfassungsänderungen versuchen sie, den Präsidenten handlungsunfähig zu machen. Jelzin verkündet eine befristete „Präsidentenherrschaft“ und läßt sich durch ein Referendum im April 1993 legitimieren.
Am 21. September 1993 befiehlt Jelzin die Auflösung des Parlaments. Die Opposition verschanzt sich im Weißen Haus. Den folgenden bewaffneten Aufstand schlagen Einheiten der Armee am 4. Oktober 1993 nieder.
Die Wahlen zum neuen Parlament, der Staatsduma, gewinnt das Reformbündnis „Rußlands Wahl“ im Dezember 1993 als stärkste Partei. Die neue russische Verfassung wird in einem begleitenden Referendum angenommen.
Am 9. Dezember 1994 befiehlt Jelzin den Einmarsch der russischen Armee in der abtrünnigen Republik Tschetschenien. Der gewalttätige Einsatz endet für beide Seiten im Fiasko.
Aus den Dumawahlen im Dezember 1995 geht die neugegründete KP Rußlands unter Gennadi Sjuganow mit 22 Prozent als stärkste Partei hervor. Die Präsidentschaftswahlen im Juni 1996 gewinnt Jelzin gegen Sjuganow mit Unterstützung der Finanzoligarchie und im Bündnis mit Ex-General Alexander Lebed im zweiten Wahlgang. Lebed beendet als Sicherheitsberater Jelzins den Konflikt in Tschetschenien.
Angesichts der wirtschaftlichen Stagnation und des drohenden Staatsbankrotts entläßt Jelzin im März 1998 Ministerpräsident Tschernomyrdin und setzt gegen den Widerstand der Duma den Reformer Sergej Kirijenko am 8. Mai als Regierungschef durch.
Unter dem Druck der Finanzkrise kommt es am 17. August 1998 zu einer dreißigprozentigen Rubelabwertung. Schuldenzahlungen werden vorläufig eingestellt. Eine Woche später entläßt Jelzin Kirijenko, ohne die erneute Berufung Tschernomyrdins gegen die Duma durchsetzen zu können.
Am 10. September 1998 zieht Tschernomyrdin seine Kandidatur zurück. Außenminister Jewgenij Primakow wird als neuer Regierungschef von allen Seiten akzeptiert. Tobias Baumann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen