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Der Kartenverkäufer auf dem Chefsessel

Am Montag wird der Aufsichtsrat des Hamburger SV den Theater-Intendanten und CDU-Abgeordneten Rolf Mares zum neuen Vorstandsvorsitzenden küren  ■ Von Eberhard Spohd

Rolf Mares ist ein sachlicher Mann. Wenn er sich dafür entscheidet, neuer Vorstandsvorsitzender beim Hamburger SV zu werden, hat er sich das reiflich überlegt. Schließlich will der Intendant der Komödie Winterhuder Fährhaus seinen guten Ruf, den er sich in der Theaterszene erworben hat, nicht demolieren: „Aber wenn es dazu dient, die Sache HSV auf Kurs zu halten, werde ich es machen“.

Damit wechselt ein erfolgreicher Theatermann auf die bei weitem glitschigere Fußballbühne. Schon vor dem 68jährigen scheiterten einige daran, den Club an der Rothenbaumchaussee zu führen, zuletzt Uwe Seeler. Aber im Gegensatz zu Hamburgs Fußballidol läuft Mares nicht Gefahr, sich selbst faule Eier ins Nest zu legen. Denn anders als Seeler, dem seine Vizepräsidenten Harry Bähre und Ex-SPD-Mehrfachsenator Volker Lange sowie Schatzmeister Jürgen Engel nur Ärger einbrachten, trifft er auf einigermaßen geordnete Verhältnisse.

Der bisherige Interimsvorstand, bestehend aus dem Vorsitzenden Werner Hackmann und Sportchef Holger Hieronymus, hat wichtige Aufgaben in aller Stille gemeistert. Der Aufsichtsrat um den Vorsitzenden Udo Bandow arbeitet zuverlässig und Hand in Hand mit dem Vorstand. Gemeinsam brachten die Gremien zwei entscheidende Entwicklungen auf den Weg: den Vertragsabschluß mit dem Generalvermarkter Ufa Sports und, damit eng verknüpft, den Neubau des Stadions im Volkspark.

Dennoch kann sich der ehemalige kaufmännische Direktor der Hamburgischen Staatsoper und des Deutschen Schauspielhauses nicht ins gemachte Nest setzen. Stets beteuert Mares, er sei „nicht nur für die repräsentativen Aufgaben im Verein zuständig“. Denn beim Arenabau ging nicht alles so glatt wie geplant. Mindestens acht Millionen Mark beträgt derzeit das Defizit des Vereins aufgrund erhöhter Kosten in verschiedenen Bereichen. „Bevor ich antrete“, zeigte Mares schon einmal vorsorglich Zähne, „möchte ich über die finanzielle Situation vollständig informiert sein.“

Dies ist inzwischen wohl geschehen und der Noch-Intendant – zum September kommenden Jahres gibt er seine Aufgabe an der Hudtwalckerstraße ab – zufrieden. Dies glaubt zumindest Werner Hackmann, einer der wenigen, die ein genaues Bild über die wirtschaftliche Lage des Vereins haben dürften: „Wir haben heute ein konstruktives Gepräch geführt“, erklärte er auf Nachfrage am Donnerstag, „und ich gehe davon aus, daß der Aufsichtsrat am Montag Rolf Mares zum neuen Vorstandsvorsitzenden macht.“ Auch über die Aufgabenteilung scheint man sich schon einig zu sein. „Satzungsgemäß vertritt der Vorstandsvorsitzende den Verein nach innen und außen und leitet die Vorstandssitzungen“, so der ehemalige Innensenator Hamburgs. Also doch nur Repräsentativaufgaben für Mares.

Auch der Aufsichtsrat scheint voll hinter dem CDU-Bürgerschaftsabgeordneten zu stehen. „Rolf Mares ist eine starke Persönlichkeit, die dem HSV gut zu Gesicht stehen wird“, charakterisiert beispielsweise Udo Bandow den potentiellen Vorsitzenden. „Er hat einen hohen Bekanntheitsgrad und ist ein ehrenwerter Mann.“ Auch Aufsichtsratskollege Jürgen Hunke, selbst Ex-Präsident und Ex-Chef der Hamburger Kammerspiele, stellt Mares ein gutes Zeugnis aus: „Er hat wie kein anderer in Deutschland an einem Privattheater Karten verkauft. Dazu gehört Liebe für das Detail.“

Rosige Zeiten kommen da anscheinend auf den Traditionsverein zu. Denn am dringendsten braucht der HSV im Moment Geld, um sein teures Stadion in den nächsten 15 Jahren abbezahlen zu können. Da scheint Rolf Mares genau der richtige Mann zu sein. Karten verkaufen, Kontakte pflegen, Sponsoren werben sind seine Spezialgebiete. Einzig im sportlichen Bereich nennt er ein paar Defizite: „Ich habe zwar selbst lange beim ETV Fußball gespielt und bin sogar einmal Deutscher Jugend-Meister gewesen, aber eine Bundesligamannschaft zu leiten, das könnte ich nicht.“ Dafür sind ja auch andere zuständig.

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