: Kölner SPD springt über ihren Schatten
■ Nach einer Woche im Schmollwinkel ringen sich die Kölner Sozis dazu durch, zur Wahl der grünen OB-Kandidatin aufzurufen
Köln (taz) – Die Denksportaufgabe war nicht allzu schwer und doch brauchten die Kölner Sozialdemokraten exakt eine Woche, um sie zu lösen: Wie sollen sich die Genossen verhalten, wenn sich am 26. September bei der Oberbürgermeister-Stichwahl zwischen dem Kandidaten der CDU und der Kandidatin der Grünen entscheidet, ob die Christdemokraten zusammen mit der FDP über eine absolute Mehrheit im Stadtrat verfügen? Am Sonntag kam die Erleuchtung: Die SPD ruft doch noch zur Wahl der Grünen Anne Lütkes auf.
Der SPD-Landesvorsitzende Franz Müntefering hatte seinen Parteifreunden bereits eine Woche zuvor einen Tip gegeben: „Wenn Sie Rat haben wollen, dann empfehle ich die Kandidatin der Grünen zu unterstützen.“ Doch nach ihrer verheerenden Wahlniederlage bei den Stadtratswahlen am 12. September haderten die Domstadt-Genossen erst mal mit sich, den ungerechten Wählern und – den Grünen.
Verbittert hatte die Kölner Sozis, dass sich die Grünen nicht einfach zu ihnen auf die Oppositionsbank zwängen lassen wollen. So schließt die Ökopartei immer noch nicht eine Zusammenarbeit mit der CDU im Rat aus. Schließlich, so verkündete OB-Kandidatin Lütkes, seien die Grünen gewählt worden, „um die Stadt zu gestalten, und nicht, um uns in den Schmollwinkel der Opposition zurückzuziehen“. Die SPD reagierte beleidigt: Keine Wahlunterstützung für Lütkes.
Nun hat sie ihre Meinung geändert. In einem anderthalbstündigen Treffens am Sonntag einigten sich beide Parteien auf sieben Eckpunkte, für die sie sich gemeinsam im Rat einsetzen wollen. Beide Seiten seien sich einig, „dass wir im Stadtrat vor allem sozialpolitische Ziele gemeinsam verfolgen wollen“, erklärte SPD-Chef Uhlenbruch nach dem Treffen. Und: „Auf der Basis unserer inhaltlichen Einigung können wir unseren Wählern klar machen, dass sie Anne Lütkes wählen sollen.“
CDU-Kandidat Harry Blum gibt sich trotzdem weiter siegessicher: „Ich gehe davon aus, dass ich die Stichwahl mit 60 zu 40 gewinnen werde.“ Schon im ersten Wahlgang fehlte dem 54-Jährigen mit 48,1 Prozent der Stimmen nicht viel zur absoluten Mehrheit (Lütkes: 32,4). Nach den jüngsten Umfragen liegt Blum inzwischen bei 58 Prozent. Allerdings ist ein Viertel der Wähler noch unentschlossen, für wen es kommenden Sonntag votieren will. Außerdem: Die Befragung erfolgte vor dem Wahlaufruf der SPD für die grüne Kandidatin. Pascal Beucker
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen