: Die Schattenseiten der HEW
Hamburger Atomkonzern plant weitere personalsparende Maßnahmen. Bürgermeister Runde bedauert Stellenverluste ■ Von Sven-Michael Veit
Der Bürgermeister bedauert. Von den „Schattenseiten“ der sinkenden Preise auf dem liberalisierten Strommarkt blieben eben auch die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) „nicht verschont“, erklärte Ortwin Runde gestern gegenüber der taz. Es sei „nun wichtig“, dass der Abbau von etwa 1000 Arbeitsplätzen im Hamburger Atom-Konzern „sozialverträglich geschieht“, sagte Hamburgs SPD-Regierungschef, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der HEW ist. Der mehrheitlich im Besitz der Stadt Hamburg befindliche Atomkonzern will im nächsten Jahr etwa 1000 seiner 4624 MitarbeiterInnen in den Vorruhestand schicken (taz berichtete am Sonnabend).
HEW-Vorstandschef Manfred Timm hatte diese Absicht auf einer Podiumsdiskussion in der Hamburger Handelskammer zum Thema Energiewende am Donnerstagabend verkündet. Wegen der vom liberalisierten Energiemarkt in Deutschland ausgehenden Kostendynamik müsste die Belegschaftszahl „zurückgefahren“ werden. Löhne und Gehälter seien betriebswirtschaftlich der entscheidende Kostenfaktor, und der sei im bisherigen Umfang „jetzt nicht mehr aufrecht zu erhalten“.
Über den angekündigten Stellenabbau hinaus gibt es nach taz-Informationen in der Vorstandsetage der HEW zudem weitere Überlegungen. Mittelfristig sind „personalsparende Synergieeffekte im Gesamtkonzern“ angedacht, die sich in erster Linie auf Stabsstellen und Vertrieb konzentrieren. Dazu werden gegenwärtig „betriebliche Kriterien“ entwickelt, um auch „den künftigen Erfordernissen des Marktes“ zu entsprechen.
Zum Imperium der HEW gehören ganz oder teilweise 91 Unternehmen, darunter die vier Betreibergesellschaften der AKWs Brunsbüttel (HEW-Anteil 66,7 Prozent), Krümmel (50%), Stade (33,3%) und Brokdorf (20%). Weitere wichtige Beteiligungen halten die HEW an Hein Gas (61,9%), der Telefongesellschaft HanseNet (50%) und den Müllöfen Borsigstraße (80%) und Rugenberger Damm (55%).
Heftige Kritik an den Stellenabbau-Plänen übten gestern die atomkritischen Rathausparteien. Der Regenbogen-Abgeordnete Lutz Jobs forderte Regierungschef Runde „in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender“ zum Eingreifen auf: „Die Stadt als Mehrheitsgesellschafter der HEW ist in der Pflicht, die Arbeitsplätze zu sichern.“ Ähnlich äußerte sich Farid Müller, wirtschaftspolitischer Sprecher der GAL.
Sein Fraktionskollege, der Energiepolitiker Axel Bühler, forderte den Rücktritt Timms: „Ein HEW-Chef, der für unwirtschaftliche AKWs 1000 Arbeitsplätze opfern will, muss sein Amt niederlegen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen