Kommentar: 90-Prozent-Demokratie
■ Bremerhaven hat gewählt – aber was?
Die Hälfte der Bremerhavener wollen mit der kommunalen Demokratie nichts zu tun haben. Das war schon vor vier Jahren so, und die Parteien haben an dem Bild nichts ändern können.
Vor vier Jahren hatten einige noch die Hoffnung, die neue Gruppierung „Arbeit für Bremen“ könne etwas mehr Farbe in die Stadtpolitik bringen, aber offenbar war auch das eine Enttäuschung. Man muss das als Wähler-Votum über den Versuch werten, in Bremerhaven einmal eine Mehrheit ohne die SPD zu bilden. Zwei Jahre hatte die AfB Zeit, den Sinn der „bürgerlichen Koalition“ zu beweisen, die Quittung ist eindeutig: AfB halbiert, SPD gewinnt mehr dazu, als die AfB verliert. Von dem Kreuz bei der DVU erwarteten diesmal weniger Bremerhavener etwas als beim letzten Mal, der „Protestwahl-Effekt“ scheint verbraucht.
Die „Altparteien“ sind verbraucht, hatten die Grünen gesagt. Ihr eigener herber Verlust zeigt nur, dass sie im Wählerverständnis dazu gehören.
Bremerhaven hat gewählt, was ändert sich? Die Beteiligung der SPD wird an der Politik der Stadtverordneten-Mehrheit kaum etwas ändern. Was sich ändert, ist eher etwas Grundsätzliches: Das kleine Stück demokratischer Kontrolle, das eine parlamentarische Opposition bedeutet, wird auf den Rest von 5 Prozent zusammenschrumpfen. Klaus Wolschner
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