Der selig machende Sound der Heckenschere

■ Engagierte Verweigerungshaltung: Auf den Film-Samstagen im Babylon und Arsenal darf Kino einfach nur Kunst sein. Zuletzt war der US-Avantgardist Robert Beavers zu Gast

Versteht man den Filmemacher als alleinigen Schöpfer seines Werks, dann gebührt wohl niemanden außer ihm das Recht, über die Art und Weise der Vorführung und den Transport seiner Werke selbst zu bestimmen. So ist es nur folgerichtig, dass Robert Beavers auch an diesem Abend im Babylon-Mitte seine Filmrollen selbst mitbringt. Mag der Rest der Welt den Film als beliebig reproduzierbares Kollektivprodukt betrachten, für den amerikanischen Avantgarde-Regisseur ist Film Kunst. Und die gehört nur ihm und denen, mit denen er sie teilen will. Leider sind seine Filme, mit denen er sich seit den 60er-Jahren einen Namen gemacht hat, dadurch selbst in der Fachwelt weitgehend Gerücht geblieben.

Seit zwei Jahren haben Individualisten wie Beavers auch in Berlin eine Bühne. Der Film-Samstag, den die drei Berliner FilmemacherInnen Ute Aurand, Renate Sami und Theo Thiesmeier einmal im Monat im Babylon und gelegentlich auch im Arsenal veranstalten, präsentiert „Filmkultur aus der Peripherie, die im sonstigen Filmprogramm keinen Platz hat“. Vorgestellt und eingeladen werden Filmemacher aus dem In- und Ausland, die sich von der Liebe zum Film und nichts anderem leiten lassen.

Auf große oder auch einfach nur halbwegs bekannte Namen darf man hier allerdings nicht hoffen. Die Film-Samstage haben sich allein dem poetischen und leisen Film verschrieben, der sich nicht ohne weiteres selbst erklärt, sondern dem Betrachter Raum und Zeit gibt, dem Menschen hinter der Kamera zu folgen und seine visuelle Sprache zu verstehen: Kino als Kontemplation, nicht als Unterhaltung.

Weil das nichts ist, womit sich Geld machen ließe, ist Ute Aurand froh, für diese nicht gerade massenwirksame Art von Kino mittlerweile Mitstreiter in Städten wie Zürich, Paris und Wien gefunden zu haben. Ziel ist ein Netzwerk der unabhängigen Filmkultur, die auf gegenseitige Hilfe dringend angewiesen ist. Auch dass Beavers, dessen Werke ansonsten vor allem in den Museen der Metropolen zu sehen sind, an diesem Film-Samstag persönlich anwesend sein kann, ist ein Ergebnis dieses Engagements: Amerikahaus und DAAD wurden in Bewegung gesetzt, um seine Reisekosten zu finanzieren.

Und so steht dieser unendlich bescheidene Mann nun vor seinem erlesenen, zur Initiation bereiten Publikum und bringt kaum ein paar einleitende Worte heraus. Das ist nicht schlimm, schließlich hat er seine Filme mitgebracht. Als die vorüber sind, ist er froh, dass es offenbar keine Fragen mehr gibt. Mit höflichem Lächeln stellt er fest: „Das bedeutet wohl, dass Sie verstanden haben.“

Das wäre zuviel gesagt. Aber schön war es trotzdem. Noch lange werden wir uns erinnern: an die Hecke, den Mann im Anzug, den Sound einer Heckenschere und Vogelgezwitscher. An griechische Landschaft, zwei nackte Männer, viele Ziegen und ein Buch namens „Knabenliebe und Tiergeschenke“. Dazu: seligmachendes Vogelgezwitscher. Im Oktober zeigen Ute Aurand, Renate Sami und Theo Thiesmeier dann eigene Filme. Philipp Bühler