: Einen großen Braunen, bitte
■ Wahlsieg Jörg Haiders spaltet die österreichische Gemeinde Hamburgs – herunterspielen und ernst nehmen
Überall Haider, Haider über allem. Der rechtspopulistische Wahlsieger aus Österreich ist da, wo er sich am liebsten hat: In allen Schlagzeilen. Ernst nehmen oder herunterspielen – da sind die ÖsterreicherInnen, die in Hamburg leben und beruflich mit dem Land zu tun haben, unentschieden. Einige wollen den Erfolg Haiders am liebsten so niedrig wie möglich bewerten, andere schütteln den Kopf über ihr eigenes Land.
„Mich hat noch keiner darauf angesprochen, das scheint den Leuten am Kopf vorbei zu gehen“, ordnet Udo Möller vom Österreichischen Reisebüro am Holzdamm ein. „Der Haider ist im Grunde ein Büblein, den nehmen viele nicht ganz für voll.“ Wobei er den Erfolg der Rechten, die sich in Österreich Freiheitliche nennen, aber aus seiner Sicht nachvollzieht. „In Österreich sitzen so viele unfähige Leute in wichtigen Positionen, nur weil sie ein Parteibuch haben – davon haben die Leute die Nase voll.“ Und drunten in Kärnten, wo Haider Landeshauptmann ist, gebe es ja auch viel Kriminalität – „da mit dem Balkan in der Nähe“. Er fügt noch an: „Außerdem kenne ich die Kärntner: Die sind schon etwas rechts angehaucht.“ Auswirkungen der ausländerfeindlichen Töne Haiders aufs Tourismus-Geschäft – kann er sich nicht vorstellen. „Für die Deutschen ist Österreich ja gar kein richtiges Ausland.“
Er liegt damit auf Linie mit dem Leiter der österreichischen Handelsdelegation, Walter Larcher. Für den sind alle Medien auf dem falschen Trip, wenn sie den Dämon Haider aufbauen. „Ich wundere mich über die Desinformation“, sagt er und gibt seine persönliche Interpretation der Parteienlandschaft Austrias zum besten: „Die Freiheitlichen sind eine völlig demokratische Partei, eher links- als rechtsaußen.“ Haider sei eben immer schon gut für Schlagzeilen gewesen. „Im Moment gibt es kein Erdbeben, und Tschetschenien interessiert niemanden – da ist halt Haider in den Medien dran.“ Konsequenzen für die Wirtschaftsbeziehungen habe der Wahlausgang „null“. Im Vorjahr hat Hamburg Waren für 616 Millionen Mark aus Österreich eingeführt und für 2,46 Milliarden Mark dorthin exportiert.
Stefanie Haugg von der Österreich-Werbung an der Rahlstedter Straße mag das alles nicht so gelassen sehen. „Schon ein Schock“, kommentiert sie die Wahl. Sie glaubt aber nicht, dass das Land nun abdriftet. „In Österreich wissen sie: Man schaut jetzt mit scharfen Augen auf das Land“, sagt sie voraus. Haider stehe unter Beobachtung: „Ein falsches Wort – und er ist weg vom Fenster“, sagt sie. „Hoffe ich“, schiebt sie noch hinterher. Peter Ahrens
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