Deutsch als Siebtsprache

■ Ab Montag überall zu finden: Das neue VHS-Programm

Das frisch verlegte Bremer Volkshochschulverzeichnis ist wie ein Telefonbuch. Aus 260 Seiten blitzen immer wieder Namen von Bekannten – die im Nebenberuf Weiterbildung anbieten. Man staunt, was manche so können.

Überhaupt präsentiert sich die VHS mal wieder als Abbild des modernen Dorfes: Die 900 KursleiterInnen stammen aus 40 Ländern der Welt, die übers Jahr rund 45.000 BremerInnen zwischen 17 und 80 Jahren anlocken – in den Abendkurs, das Wochenendseminar oder den Bildungsurlaub. Das besagt die Kursstatistik. Welches Fingerspitzengefühl aber dafür nötig ist, dass diese wilde Mischung von Menschen sich schließlich in einen kreativen Kreis von Lernenden verwandeln kann, das sagten gestern die VHS-Leute selbst – am Beispiel Sprachenlernen, und zwar aus zwei Anlässen: Erstens erscheint am Montag das neue Volkshochschulprogramm fürs kommende Sommersemester. Und zweitens hat die VHS die Zeit bis zum Sommer unter das Motto „Verständigung durch Sprache“ gestellt.

Sie folgt damit einem Aufruf der Europäischen Union, die das Jahr 2001 zum „Jahr der Sprachen“ gemacht hat. „Mehrsprachigkeit wird künftig zu den Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben in Europa gehören. Sprachen sind wichtig für den Dialog zwischen den Kulturen“, greift die neue Leiterin der Bremer VHS, Barbara Loer, die Idee auf. Die VHS will in diesem Jahr deshalb auch verstärkt zu den BremerInnen kommen. In Planung sind Aktionen in Buchläden am 27. Januar, dem bundesweiten „Sprachentag“, ein „Fest der Sprachen und Kulturen“ im Mai – und jede Menge Sprachbezogenes in rund 3.500 Veranstaltungen, angefangen bei der Rhetorik, über „Freies Sprechen ohne Angst“, das Moderationstraining, den Gebärdensprachkurs bis hin zum Kurs Körpersprache. Nicht zu vergessen Sprachkurse in 21 Sprachen von Arabisch bis Türkisch. Wer allerdings denkt, dass das gemeinsame Ziel, eine neue Sprache zu erlernen, gemeinsames Lernen quasi erleichtert, der irrt. Weswegen Fachleute der Volkshochschule immer wieder gerne auf ihr Beratungszentrum hinweisen.

„Die Nachfrage nach Sprachen hat sich in der letzten Zeit so gewandelt, dass wir selbst immer wieder staunen“, sagt Maggie Bouqdib. Die Englisch-Fachfrau hat ständig damit zu tun, die besten Angebote auch für komplizierte Nachfragen zu finden – für den Schlosser beispielsweise, der neuerdings englische Handbücher verstehen muss, dem aber das Schulbankdrücken eigentlich missbehagt. Oder für die 70-Jährige im Seniorenkurs Englisch, die ihr Sprachvermögen auffrischen will – und erst dabei bemerkt, dass sie viel mehr weiß als der 60-jährige Banknachbar, der kurz vor Toresschluss noch mal was ganz Neues anfangen wollte. Gleiches gilt für die Gruppe der Internationalen, die nun „Deutsch als Zweitsprache“ lernen, obwohl es für viele die X-te Sprache ist. „Ein Ukrainer spricht auch russisch, vielleicht französisch und englisch“, sagen die Fachleute – und dass es schon was braucht, um ihn und die Austauschschülerin aus Bolivien mit dem chinesischen Koch unter einen pädagogischen Hut zu bringen.

ede