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FDP-Posten gesucht

Beim FDP-Postengeschacher leer ausgegangen, versucht Möllemann weiterhin, sich einen eigenen Job zu erfinden: die Kanzlerkandidatur

BERLIN taz ■ 15 Minuten Redezeit waren Jürgen W. Möllemann von der Parteitagsregie zugestanden worden, nach fast 30 Minuten brachte er sich doch noch selbst ins Spiel. Er sei „entschlossen und bereit“, sich „mit allen Kräften“ in das neue Team einzubringen. Damit war heraus, auf was alle gewartet hatten: Möllemann denkt nicht daran, aufzugeben – wie es ihm etwa am Vormittag Klaus Kinkel empfohlen hatte.

Möllemann wiederholte dem Stuttgarter Landesparteitag der Südwest-Liberalen auch die Idee eines eigenen Kanzlerkandidaten. Der solle, empfahl er, in „seriösen, konkurrierenden Umfragen“ ermittelt werden. Auf dieser Grundlage könnten die Delegierten eines FDP-Bundesparteitages „die beste Entscheidung treffen“. Am Rednerpult hatte Möllemann den Delegierten seinen Namen für den Job nicht zumuten wollen, vor den Kameras der ARD wurde er dann allerdings deutlicher: „Ich bin bereit, das zu machen.“

Möllemanns Auftritt auf dem letzten baden-württembergischen Parteitag vor den Landtagswahlen war mit Spannung erwartet worden. Schließlich hatte nicht zuletzt der Fallschirmspringer den Noch-Parteichef Wolfgang Gerhardt in den vergangenen Wochen wiederholt und heftig attackiert. Wie würde er das neue Tandem aus Guido Westerwelle als künftigem Parteichef und Gerhardt als Fraktionschef bewerten? Möllemann tat es auf seine Art und Weise: Lobend, ohne sich selbst aus dem Spiel zu bringen.

Er nannte die Absprache der beiden Widersacher vom Donnerstagabend einen „guten und ersten Schritt zur Bildung des Teams 18“. 18 war jene magische Zahl, auf die Möllemann in seiner Rede die Delegierten einzuschwören versuchte. Jene Zielmarke, die er kurz nach seinem Erfolg in Nordrhein-Westfalen ausrief und die die Bundes-FDP bei den Wahlen 2002 anstreben solle. Die FDP müsse in der ersten Bundesliga spielen, bemühte er sportliche Vergleiche, also gegen SPD und Union antreten, statt in der Regional- und Amateurliga zu landen, wo er Grüne und PDS verortete. Für „mehrere dritte Kräfte“, so seine Analyse, sei auf „Dauer kein Platz“.

Die Grünen nannte er Opportunisten, deren Verlogenheit nur das Ziel habe, „im Dienstwagen sitzen bleiben zu können“. Seine eigene Partei warnte er vor programmatischen Verengungen, sprach gar von einer „freien demokratischen Volkspartei“, die sich an „alle Schichten des Volkes und nicht nur an bestimmte Einkommenschichten“ wenden müsse.

Einmal nur wandte er sich in seiner Ansprache namentlich gegen einen seiner hartnäckigsten Widersacher: Klaus Kinkel. Der hatte ihn in seiner Rede aufgefordert, endlich „Ruhe zu geben“. Zu guter Letzt rief Möllemann dem Schwaben Kinkel zu, er sei sich sicher, dass dessen Landesverband bei den baden-württembergischen Wahlen im März „besser abschneiden wird“ als die NRW-FDP mit ihren 9,8 Prozent. Das war womöglich ernst gemeint – oder auch nicht.

SEVERIN WEILAND

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