piwik no script img

Hochsterilisieren, sofort!

Angeregt durch fußballerische Realsatiren probiert Sat.1 ab heute Kicker-Comedy mit echten „ran“-Moderatoren: Lou Richter und Oliver Welke sind „Helmut und Helmuth“ (18.00 Uhr). Schau’ mer mal

Trubel und Heiterkeit um Koksnase Daum und das kleine Beckenbäuerchen

von GUNNAR LEUE

Dass das naturgegebene Spaßpotenzial des Fußballs besonders im Fernsehen sichtbar wird, gilt spätestens seit der Einführung der „Also, ich sach mal“-Antwort als Binsenweisheit.

Das „ZDF-Sportstudio“ widmete sich schon vor über zwei Jahrzehnten der Verballhornung, als in kleinen Filmen Trainern und Ersatzspielern komische Sätze in den Mund gelegt wurden. Damals nannte man das allerdings noch nicht Comedy. Das änderten die Privaten zwar später umgehend, doch ihre größte Lachnummer zum Thema schufen sie zunächst abseits des Bildschirms: 1996 forderten RTL und Sat.1 die Einführung von Drittelpausen, um mehr Werbung zeigen zu können. Doch selbst Franz Beckenbauer höchst persönlich (schon damals keineswegs ein Reklameverweigerer) watschte die Diskussion als „Krampf des Jahrhunderts“ ab. Okay, schau’ mer mal, mag sich Mitinitatior Fred Kogel wohl gedacht haben und ließ zur Fußball-WM 1998 ein „McSchmidt“-Studio eröffnen, dessen Sinn sein Late-Night-Harald völlig treffend beschrieb: „Wir machen Werbung mit ein bisschen Fußball drin.“ Die Sache war kurz und mäßig.

Im Gegensatz zu „Zwei Stühle, eine Meinung“ aus der längst verblichenen „RTL-Nachtshow“, bei der Olli Dittrich „Kaiser Franz“ fast perfekter mimte als das Original. Der Versuch von RTL, 1999 nachzulegen und eineständige Fußball-Comedyshow zu etablieren, scheiterte jedoch kläglich. In „Die dritte Halbzeit“ versuchte Gastgeber Björn-Hergen Schimpf ausgrechnet mit Supernasen wie Hella von Sinnen, Guildo Horn und Jimmy Hartwig die Kickerwelt witzig zu kommentieren. Das absehbare Ergebnis: Nach nur drei Folgen wurde die TV-Neuheit wegen Zuschauerverweigerung aus dem Programm gekickt.

Seither ist die Verbindung von Comedy und Fußball im Fernsehen wieder auf Spielberichte, pfundige Saisonrückblicke, „Käthe’s Welt“ auf Sat.1 und öffentlich-rechtliche Comedian-Commentare bei WM- und EM-Turnieren (Piet Klocke) beschränkt.

Das kann es doch nicht gewesen sein, wird man sich beim Bundesliga-Sender Sat.1 heuer gedacht haben und wagt einen neuen Anlauf: Zum Rückrundenstart gibts unmittelbar vor „ran“ die Kicker-Comedy „Helmut und Helmuth“. Zwei Hardcore-Fußballfans, die in ihrer Wohnung auf den Beginn einer Fußball-sendung warten – originellerweise „ran“ – und dabei skurrile Dinge erleben. Blödeln dürfen sogar zwei echte „ran“-Moderatoren: Lou Richter und Oliver Welke.

Das wiederum ist nur auf den ersten Blick erstaunlich, denn beide kommen ursprünglich aus der Witzemacher-Ecke. Richter war früher Autor und Schauspieler in der Comedy Factory von Pro Sieben, während Oliver Welke zur legendären „Frühstyxradio“-Truppe gehört. Insbesondere Welke hat sein Können hinlänglich bewiesen: Seine Karriere startete Ende der 80er mit niemand Geringerem als Oliver Kalkofe bei einem der renommierten Privatradios im münsteländischen Steinfurt. Bis sie eine Sendung über die katholische Kirche fabrizierten, die viele Hörer, vor allem aber ein hochwürdiger Bischof, nicht lustig fanden. Also gründeten sie lieber kurz darauf in Hannover das bald kultisch verehrte Team des „ffn-Frühstyxradios“. Die Frühmoderationen von Oliver Welke während der Fußball-EM 1996, bei denen er natürlich das aktuellen Turniergeschehen kommentierte, ließen auch Sat.1 aufhorchen. Kurze Zeit später verlas der Westfale bereits Nachrichten bei „täglich ran“, bis er dann selbst ran durfte, nachdem sich die Herren Beckmann und Kerner in zur gebührenfinanzierten Konkurrenz verabschiedet hatten, um dort als Großtalker zu versanden.

Der Liebe zur Comedy (u. a. dokumentiert auf der CD „Kalk & Welk“ mit Oliver Kalkofe) wurde derweil weiter gefrönt, mit Kalkofe war er zuletzt 1999 auf Tournee, genauso mit Lou Richter zum Zwecke der Fußballverharmlosung im Vorfeld der EM 2000. Auf den doppelten Helmut(h) kamen sie wiederum durch das aktuelle Theater im deutschen Fußball: Den Trubel um Koksnase Daum oder das kleine Beckenbäuerchen nennt Welke ein „absolutes Geschenk für Comedians“. Klare Folgerung des Moderators: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“

Zumal auch das sonstige Umfeld stimmt. „Viele Profis treten heute viel lockerer auf und machen gern einen Spaß mit“, meint „ran“-Moderator Welke. Und auch die Fans würden das runde Leder nicht mehr so todernst nehmen. Der 34-Jährige hofft, dass die „Schnittmenge zwischen Fußball- und Comedy-Fans groß genug ist“, um die „Helmut und Helmuth“-Sendungen fortführen zu können: „Sport gibt genug witzige Themen her für solche Sendungen, was man ja am Erfolg des Formats in England sieht.“ Aber Welke bleibt bescheiden: „Wenn die Figuren Helmut und Helmuth ein Erfolg werden und wir zweimal im Jahr eine kleine Staffel machen können, dann wäre ich ein glücklicher Mensch.“

2. Ausgabe von „Helmut und Helmuth“ am 17. Februar (18.00 Uhr, Sat.1)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen