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Ein Blick über den Gartenzaun

■ Vom lieben Wölfchen, das nicht genau wusste, wohin es gehörte: Das Kinderstück „Falscher Hase“ im Fundus Theater

„Natur“, meint Frau Erika Hase, „ist unordentlich und gefährlich!“ Wo käme sie hin, ohne ihr gemütliches Häuschen, ihren Nachtisch, ihr Lämpchen und – nicht zu vergessen – ihren Gartenzaun. Sie macht lieber Handarbeiten und pflegt ihre Möhrchen. Und doch nimmt sie eines Tages ein Wolfsbaby bei sich auf, ein Findelkind. Sie hat ein weiches Herz und kann das Winseln aus dem Karton vor der Türe nicht ertragen. Also, aus der Not Tugend gemacht, dem putzigen Kerlchen eine Ohrenkappe aufgestülpt und fertig ist ein Falscher Hase – so heißt auch die jüngste Theaterproduktion von Sabine Dahlhaus und Judith Compes.

Zwischen einer Vielzahl liebenswerter Requisiten entfalten die beiden einen kleinen Hasenkosmos, in dem nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Wölfchen Griselda, genannt Lisa, kann mit zunehmendem Alter ihre Herkunft immer weniger übersehen. Doch weiß sie nicht, was in ihr steckt. Und Frau Hase kriegt den Mund nicht auf. Geradlinig, voller Humor und Schwung entwickelt sich das Dilemma.

Die beiden Akteurinnen schlagen einen von Beginn an in ihren Bann und warten mit einer gekonnten Mischung für die Zuschauer ab fünf Jahren auf. Sie bringen ein bisschen Musik, zum Beispiel Sabine Dahlhaus Wolfs-Rap an den Mond. Sie bieten eine Verfolgungsjagd, bei der das gehütete Häuschen zu Bruch geht. Und es stellen sich wichtige Fragen: „Gehöre ich überhaupt hierher? Ist das mein Elternaus?“

Marcel Weinand, verantwortlich für Regie und Bühne, hält die Inszenierung auf einem schmalen Grad zwischen ernsthafter Entwicklungsthematik und verspielter Spaßmacherei. Die Leichtigkeit der Szenen paart sich mit Ernsthaftigkeit, jede Form des Anbiederns bei den kindlichen Zuschauern fehlt, Nähe wird nicht behauptet, sondern hergestellt. Das trägt auch der Text, den das Ensemble gemeinsam entwickelte. Zum Schluss zieht Frau Hase mit Griselda in die Welt: „Auf in die Wildnis!“ Nun weiß sie, nicht jeder Wolf beißt, und hinter dem Gartenzaun beginnt kein feindliches Territorium.

Oliver Törner

weitere Vorstellungen: heute und morgen, 10 Uhr, 3. + 4.2., 16 Uhr, Fundus Theater (Tel. 250 72 70)

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