: Staffelt Strieder?
Strieders Vorgänger Ditmar Staffelt katapultierte sich mit einer halbherzig inszenierten Koalitionskrise aus dem Amt
Die SPD-Spitze ist vorsichtig. Parteichef Peter Strieder und Fraktionschef Klaus Wowereit raten dem Koalitionspartner zwar zum Rückzug, meiden aber das Wort „Rücktrittsforderung“, als sei es vom Teufel. Sie glauben selbst noch nicht so ganz daran, dass Landowsky die Segel streicht – und bauen vor, um nicht selbst beschädigt zu werden.
Den Genossen ist noch in bester Erinnerung, wie sich Strieders Vorvorgänger Ditmar Staffelt mit einer halbherzig inszenierten Koalitionskrise 1994 aus dem Amt katapultierte. Es ging um den damaligen CDU-Innensenator Dieter Heckelmann, der für die Sozialdemokraten schon längst ein rotes Tuch war. Den Anlass für die Rücktrittsforderung bot die Enthüllung, dass Heckelmanns Sprecher einem Gesprächskreis von Rechtsextremisten angehörte.
Es folgten hektische Koalitionsrunden, doch die CDU hielt an ihrem Senator fest. Die SPD hätte das Regierungsbündnis eigentlich aufkündigen müssen, nachdem Staffelt in solch schrillem Tonfall Heckelmanns Kopf verlangt hatte. Neuwahlen am Tag der nahen Bundestagswahl hätten zudem die Chance geboten, den „Berlin-Malus“ zu besiegen. Doch dazu fehlte den Genossen damals der Mut – auch wenn ein Kreuzberger Bezirksbürgermeister namens Strieder sich kurz zuvor für ein Linksbündnis stark gemacht hatte.
Also gab die SPD wieder einmal klein bei. Sie begnügte sich mit dem bescheidenen Zugeständnis des Koalitionspartners, dem Innensenator den Verfassungsschutz – und damit die Überwachung der Rechtsradikalen – aus der Hand zu nehmen. Bis zur nächsten Wahl war der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) für die Schlapphüte zuständig. Der SPD blieb die vage Hoffnung auf eine spätere Kabinettsumbildung, die nie erfolgte.
Damals war es Peter Strieder, der seinem Parteifreund Staffelt einen guten Ratschlag gab: Nach eine solchen „Niederlage und Beschädigung der SPD“ müsse der Parteichef entscheiden, ob er für diese Funktion noch der Richtige sei. Tatsächlich konnte sich Staffelt von der Schlappe nicht mehr erholen. Vier Monate später trat er zurück, genau zwei Jahre nach seiner Wahl zum Parteichef. RAB
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