: CDU will keinen Noteingang
Die CDU Spandau wird sich nicht an der Aktion „Noteingang“ beteiligen. Sie vermisst Schutz vor Steine werfenden Autonomen und vor häuslicher Gewalt
Was haben Geschäfte, Kneipen, das Abgeordnetenhaus, Senatsverwaltungen, das KaDeWe, Bahnen, Busse und Taxen gemeinsam? Sie alle haben an ihren Türen Aufkleber der „Aktion Noteingang“, auf denen es heißt „Wir bieten Schutz vor rassistischen Übergriffen!“ Die Aktion, die 1998 von Jugendlichen in Bernau initiiert und im vergangenen Jahr mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet wurde, wird seit November von den Berliner Landesparteien der Bündnisgrünen und Sozialdemokraten gemeinsam mit dem Gesamtverband des Einzelhandels, dem Türkischen Bund Berlin-Brandenburg und freien Sozialträgern getragen. Doch jetzt treibt sie auch seltsame Blüten.
Die CDU Spandau hat auf der Sitzung des Verwaltungsausschusses am Montag eine eigene Aktion beantragt – „eine Aktion Noteingang für alle von Gewalt bedrohten Menschen“. Der Grund: Den Christdemokraten ist die ursprüngliche Aktion zu einseitig, sie vermissen ein „aktives Bekenntnis für eine gewaltfreie Gesellschaft“, so der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion, Kersten Schröder. Gemeint sind Steine werfende Autonome am 1. Mai, häusliche Gewalt und Gewalt an Frauen und Kindern. Gerade so, als würde der Rechtsextremismus mit den ersten Krokussen verschwinden, will die CDU eine „zeitlosere Aussage“ wie „für eine gewaltfreie und tolerante Gesellschaft“.
Die Spandauer SPD spricht von „unverständlichen Scheinargumenten“. Als „skandalös“ wurden Äußerung von Kersten Schröder bezeichnet, dass das mehrfache Behandeln der NS-Zeit in der Schule Rechtsradikalismus begünstige. Angela Höhne von den Grünen bescheinigt der CDU eine „erhebliche Arroganz, zu meinen, eigene Wege gehen zu müssen bei einer parteiübergreifenen Kampagne“.
Der SPD-Landesgeschäftsführer Ralf Wieland forderte gestern den Generalsekretär der CDU, Ingo Schmitt, auf, sich dafür einzusetzen, dass die Aufkleber auch an Spandauer Behördengebäuden angebracht werden. Mit der Weigerung diffamiere die Spandauer CDU den Parlamentspräsidenten, die BVG, den Einzelhandelsverband sowie die Bürgerinnen und Bürger, die sich an der Initiative beteiligen. Der Sprecher der CDU, Matthias Wambach, erklärte gestern dazu: „Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn gegen Extremismus insgesamt was gemacht werden soll.“
Dennoch gerät die Spandauer CDU auch landespolitisch in die Kritik. Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) hat in der gestrigen Fragestunde des Abgeordnetenhauses erklärt, dass er die vom Berliner Einzelhandelsverband unterstützte Aktion begrüße. Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Reinhard Führer (CDU), ließ unlängst die Eingänge zum Preußischen Landtag mit den Aufklebern, die die CDU in Spandau nicht will, versehen.B. BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen