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Alt-Pestizide auf dem Prüfstand

In den USA werden alle Pestizide, die in die Nahrungskette gelangen, einer Sicherheitsbewertung unterzogen. Gesundheitsschädliche Substanzen droht ein Handelsverbot. Als Erstes sind die Organophosphate dran

Die amerikanische Umweltbehörde „Environmental Protection Agency“ (EPA) bezeichnet die Verwendung des Pestizids Fenthion als „Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt“. Nach dem noch von der Clinton-Regierung erlassenen Food Quality Protection Act muss die Umweltbehörde bis zum Jahr 2006 alle Chemikalien, die in die Nahrungskette gelangen können, untersuchen und gefährliche Stoffe verbieten. Oberste Priorität hat dabei die Substanzklasse der Organophosphate, zu denen auch Fenthion gehört.

Fenthion wird zur Bekämpfung von Moskitos sowie in der Fischzucht eingesetzt und wird mit dem Rückgang zahlreicher Vogelpopulationen in Verbindung gebracht. Gegenwärtig untersucht die Naturschutzbehörde US Fish and Wildlife Service ein großes Vogelsterben auf Marco Island vor Florida, für das Fenthion verantwortlich sein soll. Vogelschützer führen Studien an, nach denen Fenthion mindestens 16 Vogelarten in ihrem Bestand gefährdet, die American Bird Conservancy fordert ein vollständiges Verbot des Pestizids. Der Toxikologe Carey Pope befürwortet die Untersuchungen der Behörde: „Die EPA hat allen Grund, besorgt zu sein. Fenthion zersetzt sich viel langsamer als andere Pestizide.“ Organophosphate, zu denen unter anderem E 605 gehört, stören das menschliche Nervensystem und können Schwindel, Sehstörungen und Atemlähmungen auslösen, bei hohen Konzentrationen den Tod.

Die Bayer AG, die diese Substanzklasse in den Dreißigerjahren bei der Suche nach neuen Giftgasen entdeckt hatte und die weltweit einer der größten Pestizidproduzenten ist, weist die Bedenken zurück: Solange man sich an die Sicherheitshinweise halte, würden keine Risiken für Menschen und Tieren bestehen.

Bayer stellt neben Fenthion die Organophosphate Azinphos-Methyl, Fenamiphos, Isofenphos und Tribufos her – Stoffe, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „hochgefährlich“ bezeichnet.

Die EPA führt zur Zeit Anhörungen durch und wird danach eine Einschränkung der Anwendung oder ein Verbot von Fenthion beschließen. Nach den Einzelprüfungen aller in den USA zugelassenen Pestizide sollen in den nächsten Jahren die zusammengenommenen Risiken mehrerer Wirkstoffe untersucht werden – solche Kombinationswirkungen sind häufig gefährlicher als die addierten Risiken einzelner Chemikalien. Umweltschützer hoffen, dass organophosphathaltige Pestizide dann endlich ganz verboten werden.

PHILIPP MIMKES

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