Kommt Rad, kommt Geld

Fahrradtourismus boomt. Wer mit dem Velo Urlaub macht, gibt überdurchschnittlich viel Geld aus. Doch in den neuen Ländern ist der sanfte Trend mittlerweile sogar wieder rückläufig

von TILMAN VON ROHDEN

Radfahrer mögen so schnell fahren, wie sie wollen, ihr Klischee ist wie bei Hase-und-Igel-Rennen immer schon da: Sie – das Klischee richtet sich vornehmlich auf Männer – haben ein gespanntes Verhältnis zum Geld, schon allein deshalb, weil sie keines haben. Radfahrer sind konsumfeindlich und intransigent: Dem Kampf gegen ihr höchstes Hassobjekt, das Auto, unterstellen sie ihr Leben. Das macht sie natürlich mürrisch und lustfeindlich. Am Ende steht ein schräger Kauz, mit sich und der Welt über Kreuz. Solch Mensch macht natürlich keinen Urlaub, denn da könnte der Ernst der Welt in den Hintergrund treten und womöglich das Lustempfinden die Regie übernehmen. Nein, so will es das Klischee, Radfahrer bleiben zu Haus, ordnen selbstbezogen sich und ihr Leben und machen ansonsten ab und zu mal einen Tagesausflug. Das ist ökologisch korrekt und kostet so gut wie nichts.

Doch scheinen Radfahrer nach jüngsten Ergebnissen mindestens im Urlaub noch schlimmer drauf zu sein. Nicht einmal dem Klischee wollen sie Genüge tun. Über zwei Millionen Pedalisten haben nach der im Auftrag des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) durchgeführten repräsentativen Untersuchung „Radreiseanalyse 2001“ ihren Urlaub auf dem Fahrrad verbracht. Dies entspricht rund 4 Prozent aller Urlaubsreisen. Dem Fahrradurlaub kommt dabei eine hohe Bedeutung zu. 77 Prozent der Fahrradurlaube werden als wichtigste Urlaubsreise des Jahres eingestuft.

Auch eine andere Zahl verdeutlicht den Stellenwert: Bei Inlandsurlauben fahren 51 Prozent aller Deutschen Fahrrad, damit liegt diese Urlaubsaktivität nach der Häufigkeit noch vor Schwimmen, Fußball und Ski laufen.

Die Zukunft des Fahrradurlaubs sieht nach Meinung des ADFC rund aus. In den beiden kommenden Jahren planen nach der „Radreiseanalyse 2001“ 4,7 Millionen Menschen eine Radreise. Kein Wunder, dass die Kassen klingeln. Der ADFC schätzt den radtouristischen Umsatz 2001 auf circa 10 Milliarden Mark.

Die Industrie verkaufte allein im ersten Halbjahr 2000 rund 3,3 Millionen Räder. In den Jahren 1995 bis 1998 erzielte das Radfahren mit einer Steigerung von 15 Prozent so hohe Wachstumsraten wie keine andere Freizeitaktivität.

In Deutschland werden Radfernwege immer wichtiger. 60 Prozent der Radreisenden wollen dieses Jahr ein bestimmtes Produkt, also eine vom Veranstalter durchgeplante Radreise, in Anspruch nehmen, nur 33 Prozent haben in der Untersuchung eine Region als Ziel angegeben.

Die beliebtesten Radfernwege sind in absteigender Reihenfolge Weserradweg, Altmühltalradweg, Elberadweg, die Rheinroute, Donauradweg, Ostseeküstenradweg, Taubertal, Euroroute R1, Romantische Straße und Moselradweg. Schaut man auf die Regionen, ist Mecklenburg-Vorpommern unangefochten Spitzenreiter. Sehr beliebt sind auch Bodensee, Franken, Schwarzwald, Weserbergland und Münsterland.

Neben dem Trend zu Radfernwegen lässt sich eine weitere Tendenz feststellen: Die klassischen Reiseziele legen 2001 wie schon in der Vergangenheit zu. Das bekommen insbesondere die neuen Bundesländer zu spüren. Sie verlieren bei den Reiseplanungen für das Jahr 2001 rund 2 bis 3 Prozent. Am übelsten ist Mecklenburg-Vorpommern dran: minus 11,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Die Radreisenden sind weniger neugierig“, kommentiert der stellvertretende ADFC-Vorsitzende Frank Hofmann. Die neuen Bundesländer hätten ihren Bonus verloren und müssten sich mehr und mehr mit den alten Bundesländern messen.

Berlin läuft bei den Radreiseplanungen für das Jahr 2001 unter ferner liefen (0,5 Prozent), Brandenburg bringt es immerhin auf 4,4 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 0,6 Prozent. „Brandenburg hat sein Potenzial noch nicht annähernd ausgeschöpft. Hier sind erhebliche Steigerungspotenziale möglich“, sagt Hofmann über die Region. Voraussetzung seien allerdings Anstrengungen im Bereich von Infrastruktur und Marketing. „Brandenburg hat trotz guter landschaftlicher Voraussetzungen noch kein Image als Radreiseland. Insbesondere nicht bei den Bewohnern der alten Bundesländer“, erläutert Hofmann.

Urlauber, die mit dem Rad unterwegs sind, zieht es dabei immer häufiger in Hotels. Dort zeigen sie sich konsumfreudiger als der Durchschnitt: Sie geben rund 20 Prozent mehr aus als andere Urlauber. Für eine Pauschalreise im Ausland gaben Radler im Durchschnitt 1.600 Mark aus. Das ist deutlich mehr, als eine herkömmliche Pauschalreise kostet.

Knapp die Hälfte aller Radreisen werden der Untersuchung zu Folge in diesem Jahr auf heimischem Boden stattfinden. Die beliebtesten Auslandsziele sind Italien und Frankreich. Auf Platz 3 liegt die Schweiz. Die Verlierer des Jahres sind Spanien und Irland.

Links und Infos rund ums Radreisen: www.radreisen-online.de