: Die 45-plus-Lösung für Schulleiter
■ Finanzsenator will angestellte Schulleiter über 45 Jahre verbeamten. Sie verdienen sonst weniger als junge Kollegen. Folge: „Erhöhtes Prozessrisiko“, weil normale Lehrer klagen
Etwa tausend angestellte LehrerInnen in Bremen, die gleichen Lohn für gleiche Arbeit einklagen, können Hoffnung schöpfen: Der Senat will die strikte Regelung, nach der nur LehrerInnen unter 45 Jahren verbeamtet werden, durchlöchern. Der Hintergrund: Seit den 80-er Jahren hat Bremen neu eingestellte Lehrkräfte aus grundsätzlichen Erwägungen nicht verbeamtet. Doch nun locken sich die Bundesländer die Junglehrer gegenseitig mit Verbeamtungs-Angeboten weg, nachdem die Bildungs-Bürokratien jahrelang auf den drohenden Lehrermangel nicht reagiert haben. Denn weil ein Beamter keine Sozialabzüge hat, bleiben ihm monatlich bis zu 500 Euro mehr im Portemonnaie. Ein Unterschied, der sich im Laufe eines Arbeitslebens zu einem Reihenhäuschen auswachsen kann. Da Bremen seit letztem Herbst grundsätzlich neue Lehrer verbeamtet, verdient mancher Junglehrer also mehr als sein 45-jähriger Kollege.
Das gilt auch für Schulleiter. Für normale Lehrer sei die Ungerechtigkeit zu ertragen, fand das Bildungsressort bisher, und erwägt höchstens einen „kostenneutralen“ Nachteilsausgleich: Die Lehrer sollen nur dann mehr bekommen, wenn das den Staat nicht mehr kostet. Für die 32 benachteiligten Bremer Schulleiter jedoch soll es jetzt eine Ausnahme geben. Für die Arbeit eines Schulleiters sei es eine „ungünstige Voraussetzung“, heißt es in der Beschlussvorlage des Senats, wenn der Schulleiter weniger verdiene als der junger Kollege, für den er gerade die erforderliche Beurteilung zur Verbeamtung schreiben müsse. Solche Zustände könnten „Folgen für die Leistungsbereitschaft der Schulleitungen“ haben. Sprich: sie untergraben.
Klar also: Schulleiter müssen auch dann verbeamtet werden, wenn sie über 45 sind. Da es sich nur um 32 Fälle handelt, ist das überschaubar teuer für den Finanzsenator - gäbe es da nicht einen Haken: Wenn die bisher als unantastbar bezeichnete Altersgrenze von 45 Jahren für Verbeamtung durchlöchert wird - warum nur für Schulleiter? Und wenn das Argument die „Leistungsbereitschaft“ ist, die durch ungerechte Bezahlung eingeschränkt wird - gilt das nicht für alle? 120 von 1.000 betroffenen angestellten Bremer LehrerInnen klagen auf Verbeamtung. Werden jetzt die Schulleiter verbeamtet, besteht ein „erhöhtes Prozessrisiko“ für die anderen Lehrer, formuliert es der Finanzsenator. Denn vor Gericht hatte er die Verbeamtung von LehrerInnen ausgerechnet mit dem Argument abgelehnt, die 45-er Altergrenze müsse „strikt“ eingehalten werden.
Nun könnte man einwenden, ob die Altersversorgung in die Rentenversicherung eingezahlt wird wie bei Angestellten, oder ob der Staat aus den gesparten Arbeitgeber-Anteilen Rücklagen für die Pensionskasse bildet, wie es bei einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise üblich ist, kann eigentlich unter dem Strich keinen allzu großen Unterschied machen. Was richtig wäre - wenn Bremen für seine Beamten-Pensionen Rücklagen bilden würde. Das geschieht aber nicht. Noch nicht.
Erst für Lehrer, die ab Januar letzten Jahres verbeamtet wurden, will der Finanzsenator künftig die eingesparten Arbeitgeber-Anteile als „zweckgebundene Rücklage“ ansammeln. Dafür könne ja sogar eine Verzinsung einkalkuliert werden, teilte er mit. Da diese Idee aber offenbar so überraschend neu war, konnte er allerdings nicht aufklären, in welcher Form diese Rücklagen gemacht werden.
Auch was es finanziell bedeuten würde, wenn aufgrund der Ausnahme-Regelung für die Schulleiter auch die ungerecht entlohnten LehreInnen vor Gericht gleiche Bezahlung erstritten, hat der Finanzsenator natürlich für den anstehenden Senatsbeschluss über die Schulleiter noch nicht ausrechnen können. Klaus Wolschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen