Stillhalten nach dem Putsch

François Bozizé, neuer Präsident der Zentralafrikanischen Republik, wird sein Land kaum befrieden. Aber er genießt das Wohlwollen Frankreichs und der USA

BERLIN taz ■ Mit einem Namen wie Bozizé kann man eigentlich in einem frankophonen Land wie der Zentralafrikanischen Republik nicht Präsident sein. Eine winzige Veränderung der Aussprache macht aus Bozizé „beau zizi“, was sich im französischen Slang auf die Schönheit des männlichen Geschlechtsteils bezieht. Diesen Spitznamen hatte Bozizé sofort weg, als er in seiner Heimat bei Frankreichs Armee in die Schule ging – als Mitglied der „Promotion Bokassa“, deren Offiziersausbildung 1966 kurz nach der Machtergreifung des berüchtigten Diktators begann.

Ob François Bozizé, dessen Rebellen am Samstag kampflos die zentralafrikanische Hauptstadt Bangui einnahmen und den bisherigen Präsidenten Ange-Felix Patassé stürzten, als neuer Herrscher seines Landes in die Fußstapfen des „Kaisers“ Bokassa tritt, ist offen. Als Armeechef Patassés war er jedenfalls im Juni 2001 für grausame Massaker an Mitgliedern der Yakoma-Ethnie verantwortlich, nachdem Yakoma-Soldaten unter Führung des früheren Diktators André Kolingba einen Putschversuch gestartet hatten. Unter Kolingbas Herrschaft 1981–93 hatten Bozizé, Bokassas einstiger Armeezögling, und Patassé, Bokassas einstiger Premierminister, zusammen im Exil in Benin gelebt. 1990 wurde Bozizé von Kolingba-Soldaten gekidnappt, inhaftiert und gefoltert. Bozizés Anti-Yakoma-Pogrome von 2001 waren dafür eine späte Rache.

Diese alte Feindschaft macht es unwahrscheinlich, dass Bozizés Machtergreifung jetzt „zehn Jahren demokratischer Irrwege, Verelendung und extremer Armut ein Ende setzt“, wie der neue Herrscher am Sonntagabend im Staatsrundfunk erklärte. Auch Bozizés bisheriger Lebenswandel spricht dagegen. Im Beniner Exil hatte er sich christlichen Sekten angeschlossen und in der Heimat gründete er die „Himmlische Christenheit des Neuen Jerusalem“. Die Kirche diente angeblich als Deckmantel für Geschäfte mit Nigeria.

Bozizé wurde im Oktober 2001 als Armeechef abgesetzt und leitete seitdem aus dem nördlichen Nachbarland Tschad heraus eine Rebellion gegen Patassé. Sein Sieg verfestigt nun das regionale Gewicht des Tschad, was westlichen Interessen entgegenkommt. Ein US-geführtes Konsortium soll dieses Jahr im Tschad die Ölförderung aufnehmen, und Frankreich hält dort seit Kriegen gegen Libyen in den 80er-Jahren Soldaten stationiert. Patassé hingegen hatte Tschad immer expansionistische Ambitionen vorgeworfen und sich zuerst von Libyen und dann von Rebellen aus der Demokratischen Republik Kongo helfen lassen. Bei der Einnahme Banguis am Wochenende, so wird jetzt berichtet, halfen Bozizé auch kongolesische Regierungstruppen.

So erscheint Bozizés Machtergreifung wie eine neue Wendung in einem Krieg, der zunehmend einen regionalen Charakter annimmt. Die USA haben sich zu Bozizés Putsch nicht geäußert. Frankreich hat ihn verurteilt, aber ohne mit Gegenmaßnahmen oder Sanktionen zu drohen. Französische Militärflugzeuge aus Gabun landeten am Sonntag in Bangui – aber nur, um 80 Franzosen zu evakuieren. Nur die Afrikanische Union verurteilte Bozizés Putsch. Weil sie alle gewaltsamen Machtwechsel ablehnt, muss sie Patassé unterstützen, gegen den vor dem Internationalen Strafgerichtshof eine Klage wegen Kriegsverbrechen anhängig ist.

Innenpolitisch dominiert Abwarten. „Unsere Mission ist Frieden und nationale Versöhnung“, sagte Bozizé in seiner Rundfunkansprache und sprach von einer „vorübergehenden Unterbrechung des demokratischen Prozesses“, als er die Verfassung außer Kraft setzte und Regierung und Parlament auflöste. Der prominente zivile Oppositionelle Jean-Paul Ngoupandé im französischen Exil begrüßte Patassés Sturz. DOMINIC JOHNSON

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