Konkurrenz fürs Rathaus: die Nacht der Nächte

Jugendeinrichtungen veranstalten zur Nacht der Jugend einen Gegen-Abend: „Gute Nacht, Bremer Jugend!“ heißt das Event in der Buchtstraße, das auf Sparpolitik aufmerksam machen soll. Nur: Bei der Rathaus-Nacht geht es nicht um Politik und Selbstdarstellung, sondern um Erinnerung

Bremen taz ■ Dieses Jahr bekommt die Nacht der Jugend eine Gegenveranstaltung: „Gute Nacht, Bremer Jugend!“ heißt der Abend des 4. November im Jugendhaus Buchtstraße, der dem Groß-Event im Bremer Rathaus ein bisschen Aufmerksamkeit abluchsen möchte. Die Initiatoren – neben der Naturfreundejugend (NFJ), die die Buchtstraße betreibt, sind es das Freizi Friesenstraße, das Mädchenkulturhaus, die Gewitterziegen und das Sielwallhaus – wollen mit ihrer Guten Nacht gegen die Kürzungspolitik des Senats protestieren. Gerade in diesem Jahr sei die Rathaus-Veranstaltung „eine Farce, da Bremer Politik die Nacht der Jugend dafür nutzen wird, sich selbst ins Rampenlicht zu stellen, um so von der eigenen katastrophalen Jugendpolitik in dieser Stadt abzulenken“, formuliert Jens Singer, NFJ-Jugendbildungsreferent.

Die Nacht der Jugend wurde 1998 von Bürgermeister Henning Scherf ins Leben gerufen – sie soll an die Reichspogromnacht von 1938 erinnern und dazu beitragen, das Erinnern an damals lebendig zu machen und Vorurteile abzubauen. Neben zahlreichen Jugendlichen – im vergangenen Jahr waren 3.000 Gäste im Rathaus –sind immer zahlreiche Lokalgrößen aus Politik und Kultur dabei, die Vertreter der Religionsgemeinschaften, aber auch Vips wie Dominique Horwitz, die Schriftstellerin Leonie Ossowski oder die Menschenrechtsbeauftragte Marieluise Beck.

Gerade weil es bei der Nacht der Jugend nicht um profilneurotische Politiker gehen soll und Parteien von der Anmeldung ausdrücklich ausgenommen sind, zeigte sich Helmut Hafner, Organisator der Nacht der Jugend im Rathaus, von der Gegenveranstaltung in der Buchtstraße „überrascht“. Keiner der Buchtstraßen-Leute oder der anderen Träger habe ihn angesprochen, so Hafner. „Sonst hätten wir bestimmt gesagt: Dafür geben wir euch Raum.“ Denn Hafner findet das Anliegen der Jugendeinrichtungen wichtig, als Gegen-Veranstaltung zur Rathaus-Nacht aber unpassend. „Aber vielleicht belebt das ja die Diskussion“, sagt er, „dann ist es auch schön.“

Man wolle die Rathaus-Nacht gar nicht diskreditieren, sagt Bildungsreferent Singer, „aber wir wollen auch zeigen, wie das Rathaus Jugendpolitik darstellt und wie sie tatsächlich aussieht.“ Zwar soll das Anpassungskonzept, das die Jugendarbeit in den Stadtteilen regelt, von den Kürzungen ausgenommen bleiben – aber diese Zusage gelte nur für dieses Jahr, so Singer, und angesichts der allgemeinen Spar-zwänge fürchten die Träger der Jugendarbeit Einschnitte auch in ihrem Bereich. Jens Singer weiter: „Die meisten Jugendlichen fühlen sich komplett verarscht.“ Singer selbst zählt dazu: Als er in der vergangenen Sitzung des Jugendhilfeausschusses wissen wollte, wie es mit der derzeitgeschlossenen Beratung „open house“ in der Buchtstraße weitergehen soll – eine offene Frage seit Mai – wurden er und seine Mitstreiter nach langem Warten mit dem Hinweis auf ein fehlendes Protokoll ohne Auskunft abgebürstet. sgi