: Kanzler auf Geldsuche für Chipfabrik
Kanzler Gerhard Schröder reiste in die Vereinigten Arabischen Emirate, um die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) zu retten. Das 1,3 Milliarden Dollar teure Projekt steht wegen einer zu geringen Eigenkapitalquote mal wieder auf der Kippe
aus Berlin NICK REIMER
Die Deutsche Bank darf eine Niederlassung in Saudi-Arabien eröffnen. Das gab gestern der saudiarabische Finanzminister Ibrahim Abdel Asis al-Assaf in Riad bekannt – unmittelbar bevor sich Kanzler Gerhard Schröder in der Hauptstadt Riad mit Geschäftsleuten traf. Für die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) wird die Reise aller Voraussicht nach heute keine solch gute Nachricht bringen: Schröder fuhr mit leeren Händen in die Vereinigten Arabischen Emirate. „Schuld“ daran ist der Bürgschaftsausschuss des Bundestages, der in der letzten Woche eine Entscheidung vertagt hatte.
Es geht um das größte aktuelle Investitionsvorhaben in Ostdeutschland. 1,3 Milliarden Doller sollen in Frankfurt investiert werden – hier, wo ein Zentrum der DDR-Halbleiterindustrie stand. Größter Einzelinvestor sind mit 250 Millionen Dollar die Emirate, 650 Millionen soll ein internationales Bankkonsortium als Kredit zur Verfügung stellen. Allerdings verlangen die Banker dafür eine 80-prozentige Bürgschaft von Bund und Land. Davon ist der Bürgschaftsausschuss nicht begeistert: Die Eigenkapitalausstattung, die vor allem aus Dubai kommt, sei für so ein riskantes Projekt viel zu gering. Berlin irritiert, dass etwa die Bank ABN Amro 100 Prozent ihrer Kredite über den Staat absichern will. Üblich seien allenfalls 80 Prozent. Zur Skepsis trug auch das Beratungsunternehmen Gartner Inc. bei, das bei der Ausschussanhörung erhebliche Bedenken zur Wirtschaftlichkeit der Fabrik vortrug.
Ursprünglich sollte die Fabrik Anfang dieses Jahres mit 1.300 Jobs ihre Produktion von Halbleiterscheiben mit einer Kapazität von monatlich 30.000 Wafern (200 mm) aufnehmen. Wegen fehlenden Kapitals ruhten die Bauarbeiten vorübergehend. Erst seit Juli wird wieder gebaut, jetzt steht Ende 2004 als Betriebsbeginn im Raum. Zwar haben inzwischen einige Banken ihre Beteiligung durch Risikokapital ausgeweitet. Allerdings ist das Projekt insgesamt in Gefahr. Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) war deshalb bereits am Sonntag nach Dubai gereist, um sich mit den Investoren zu beraten.
Zu alledem kommt noch ein Streit mit Intel. Nach Medienberichten ist Brandenburg sehr stark von dem amerikanischen Chip-Hersteller abhängig. Die Communicant Semiconductor Technologies AG – Bauherr in Frankfurt – besitze einen Lizenzvertrag mit Intel, der eine Ausstiegsklausel beinhaltet. Der Spiegel hatte berichtet, dass diese greife, wenn „die kommerzielle Produktion nicht bis zum 1. April 2004 aufgenommen wird“. Zwar hatte Communicant-Vorstandschef Abbas Ourmazd derlei Bedingungen als „für das Vertragswerk durchaus branchenüblich“ bezeichnet. Bei den finanzierenden Banken aber sorgte das für Kopfzerbrechen.
Intel nämlich ist der Schlüssel zum Erfolg: Als Technologiepartner von Communicant stellen die Amerikaner Technologie und Ausrüstung zur Verfügung.
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