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Spiel ums nackte Überleben

In der Kölner „Schule des Theaters“ lernen jedes Jahr 15 junge Menschen die Kunst des Schauspiels. Wer dreieinhalb Jahre harte Arbeit übersteht, hat gute Berufschancen – auch ohne Castingshow

von Stefanie Liebl

Die Kölner „Schule des Theaters“ ist keine „Fame Academy“, hier sucht Deutschland nicht den Superstar. Dennoch wagen alljährlich 15 junge Menschen den Schritt auf die Bühne der klassischen Theaterschule, um in dreieinhalb Jahren Ausbildungszeit Talent und Ausdrucksstärke, aber auch Disziplin und Durchsetzungsvermögen zunächst fernab des vermeintlichen Glamours der Fernsehwelt unter Beweis zu stellen.

„Kunst ist schön, bedeutet aber viel Arbeit“, dieser Satz von Karl Valentin hängt für jeden unübersehbar an der Tür zum Intendanzbüro. „Und alle, die am Theater arbeiten, wissen, was das heißt“, ist Meinhard Zanger überzeugt. Der Direktor der Schule des Theaters hält nichts von der rasanten Verbreitung der TV-Castingshows. „Sie wecken Hoffnungen und Träume bei jungen Menschen, die dann zur Bühne drängen und nicht einmal ahnen, was sie da eigentlich wollen oder gar sollen“, sagt Zanger. „Da werden nicht die Härten des Berufes gezeigt!“.

Annette Müller ist Schülerin im zweiten Jahr und weiß aus eigener Erfahrung, wovon Zanger spricht. Heute steht für die 23-Jährige Schauspieltraining auf dem Stundenplan. Sie lehnt sich entspannt an eine kalkweiße Wand, konzentriert sich und fokussiert ein einfaches Tuch, das vor ihr auf dem Boden liegt. „Begib dich in einen Raum aus deiner Kindheit, assoziiere und setz Impulse frei“, lautet die Anweisung ihrer Dozentin.

Was dann folgt, ist eine Explosion der Schauspielschülerin. Sie kämpft, spielt, wütet und schreit. Und alles in voller Konzentration auf einen einzigen Gegenstand. Nach 15 Minuten ist Annette Müller fertig, sie hat einen hochroten Kopf, ist schweißgebadet und ihr Herz schlägt bis zum Hals. Die Lehrerin ist zufrieden, trotzdem darf die Schülerin nicht ohne Kritik die Bühne verlassen.

Rund 20 Dozentinnen und Dozenten unterrichten an der Kölner Schule des Theaters. Neben dem eigentlichen Schauspieltraining stehen Fächer wie Dramaturgie, Atmung, Bewegung, Aikido, Fechten, Sprechen und Gesang auf dem Lehrplan. Jedes Jahr findet eine Zwischenprüfung statt, bevor die Schüler zur „Prüfung der Bühnenreife“ zugelassen werden.

Während der Ausbildung sind den Schülern alle öffentlichen Auftritte untersagt. Dennoch wird für sie das Motto „Learning by doing“ groß geschrieben. Durch die Anbindung der Schule an das „Theater Der Keller“ können die angehenden Schauspieler ab dem zweiten Ausbildungsjahr in hauseigenen Inszenierungen mitwirken und dabei schon während des Studiums Bühnenerfahrung sammeln. Ein Konzept, das sich seit der Gründung der Schule 1954 bewährt hat. Die Berufsaussichten für die ausgebildeten Schauspieler sind nicht schlecht. Immerhin haben hier Stars wie Gudrun Landgrebe, Eberhard Feik und Til Schweiger ihr Handwerk gelernt.

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