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Keine Kopfgeldjagd auf unbehelligte Nazis

Die Nazijäger des Simon-Wiesenthal-Institutes müssen die Kampagne „Letzte Chance“ mangels Partnern verschieben

„Kopfgelder haben einen denunziatorischen Effekt und sind moralisch unsauber“

BERLIN taz ■ Nazijäger Efraim Zuroff ist unzufrieden. Die von ihm initiierte Kampagne „Letzte Chance“ kann nicht wie geplant in diesem Monat starten, denn die Suche nach deutschen Partnern zieht sich länger hin als erwartet. Der Leiter des Jerusalemer Simon-Wiesenthal-Zentrums hatte angekündigt, im Juni die letzte Fahndung nach deutschen Altnazis einzuleiten. Er wollte mit Kopfprämien Informationen über unbehelligte Kriegsverbrecher sammeln, um diese vor Gericht zu bringen – den Prämien aber widersetzen sich die deutschen Partner.

Zuroff wollte mit dem Zentralrat der Juden und dem Fritz-Bauer-Institut zur Erforschung des Holocaust kooperieren: Beide hätten Nein gesagt, berichtet Zuroff der taz. Dabei gehe es dem Wiesenthal-Zentrum nicht um finanzielle Hilfe, alle Kosten übernehme die Stiftung „Targum Shlishi“ in Florida. Doch die Jerusalemer Fahnder brauchen Partner vor Ort, die die Hotline betreuen, über welche Hinweise eingehen sollen. Zuroff hatte Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden, und den Leiter des Fritz-Bauer-Institut, Micha Brumlik, um Hilfe gebeten. „Hier ging es uns vor allem um Unterstützung moralischer Art“, sagt Zuroff, der gehofft hatte, die angesehenen Institutionen als Mitunterzeichner des Aufrufs zu gewinnen.

Doch gerade moralische Bedenken angesichts der ausgelobten Belohnung von 10.000 Euro für Hinweise, die zur Verurteilung führen, veranlassten beide Organisationen, sich der Nazijagd fern zu halten. „Letztendlich ist es eine Kopfgeldaktion. Ich halte eine solche in Deutschland nicht für angemessen“, sagt Kramer der taz. Von der Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg würden ausreichende Anstrengungen unternommen, Kriegsverbrecher zu fassen. Ähnliche Bedenken wie der Zentralrat bringt auch Brumlik für das Fritz-Bauer-Institut vor. „Mit einer Prämie werden andere als moralische Beweggründe angesprochen, das hat einen denunziatorischen Effekt und ist moralisch unsauber“, erklärt Brumlik.

Zuroff betont zwar, dass er die Entscheidung des Zentralrates und des Fritz-Bauer-Instituts akzeptiere, doch so richtig zu frieden stellen können ihn die Argumente nicht. „Die deutsche Polizei setzt routinemäßig Prämien aus, um Informationen über Verbrecher zu erhalten. Wo ist der Unterschied?“, fragt sich Zuroff. Er vermutet noch andere Motive hinter der Ablehnung: „Vielleicht haben sie Angst und wollen nicht mehr an das Thema rühren.“ In Österreich, wo die Aktion vergangenes Jahr lief, seien 90 Prozent der Anrufe antisemitischer Art gewesen.

Noch in diesem Monat will er nach Deutschland reisen, um sich nach neuen Partnern umzuschauen. Man sei mit zwei Organisationen im Gespräch, deutet Zuroff an. Wenn die Zusammenarbeit klappt, wird die Kampagne Mitte September starten.

Bei der Ludwigsburger Behörde sei man über jede Hilfe erfreut, zweifelt aber, ob die Aktion viel Erfolg haben wird, meint Behördenleiter Kurt Schrimm: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Leute sich bei uns gemeldet haben, weil sie ihr Wissen nicht mehr länger mit sich herumtragen wollten.“ Diese Männer seien erleichtert gewesen, Verbrechen zu beichten, Geld habe jedoch keine Rolle gespielt. Wie viele Kriegsverbrecher noch auf freiem Fuß sind, sei nicht bekannt. „Die großen Fische gibt es sicher nicht mehr, die waren damals auch schon älter und sind längst tot“, meint Schrimm. Man sei aber auch daran interessiert, die kleinen Mörder zu schnappen. ANNA LEHMANN

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