: Bedenken gegen Merkels neue rechte Hand
Angela Merkel hat Peter Hintze immer noch nicht als CDU-Fraktionsgeschäftsführer ernannt. Dafür gibt es Gründe
BERLIN taz ■ Peter Hintze ist ein freundlicher Mensch, noch dazu erfahren, kompetent und schlau. Sagen fast alle seiner Kollegen in der Unionsbundestagsfraktion.
Komplimente wie diese hört Hintze zurzeit öfter als gewohnt. Denn es sieht so aus, als stünde der evangelische Pfarrer vor seinem politischen Comeback.
In den vergangenen Jahren war es still um Helmut Kohls letzten Parteigeneralsekretär geworden. Als europapolitischer Sprecher fand er, hinter Wolfgang Schäuble, kaum Gehör. Nun aber heißt es, undementiert, Hintze werde wieder was, nämlich neuer parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion.
Ein wichtiger Posten. Wer ihn bekommt, gilt als rechte Hand der Chefin. Kollegen, die sich rechtzeitig anschleimen möchten, könnten also noch mehr Positives über Hintze sagen, als sein „Organisationstalent“ zu loben. Zum Beispiel, dass er ein Politiker ist, der sich gut verkauft, ein Hoffnungsträger, ein neuer Stern am schwarzen Himmel. Sie könnten sagen, seine Ernennung wäre ein Signal, dass die angebliche Männermörderin Angela Merkel jederzeit neue, tolle Männer aus dem Ärmel schütteln kann. So etwas aber sagt niemand. Es geht einfach nicht. Es würde unglaubwürdig klingen. Vielleicht lässt sich Merkel deshalb so auffällig lange Zeit, bis sie Hintze offiziell ernennt. Oder vielleicht dann doch nicht.
Über Hintzes Außenwirkung wird in der Union gewitzelt. „Ihn telegen zu nennen, wäre wohl ein wenig übertrieben“, sagt einer. Auch mit seinen 54 Jahren wirke Hintze „wie ein Schuljunge, der seinen Text aufsagt“. Was Hintze fehle, seien Autorität innerhalb und ein gutes Image außerhalb der CDU. Das rührt vor allem aus seiner Zeit als Generalsekretär und seinen wütenden Anti-PDS-Kampagnen, die spätestens beim Versuch der Wiederholung 1998 nur noch verstaubt wirkten. Seine „roten Socken“ sind in Erinnerung geblieben. Auf die Frage, womit sich Hintze noch profilieren konnte, sagt ein CDU-Fraktionsvorständler: „Hmm, da muss ich passen.“
Scheinbar paradoxerweise soll der Kommunistenfresser Hintze nun, wie es heißt, vor allem beim konservativen Flügel auf „Misstrauen“ stoßen. Das liegt an seinen Zieheltern Rita Süssmuth und Heiner Geißler, der ihn einst, am Beginn seiner Karriere, zum Zivildienstbeauftragten machten. „Im Grunde seines Herzens ist er ein Liberaler“, glaubt ein Kollege.
Bedenken gibt es auch, weil Hintze vehement mehr Freiheit für die Stammzellenforschung fordert. Nicht zufällig, wie Parteifreunde tuscheln: Seine Frau arbeite ja für die Deutsche Forschungsgemeinschaft, heißt es.
Merkel aber schätzt Hintze schon seit ihrer Zeit als Familienministerin Anfang der 90er-Jahre. Damals war er ihr Staatssekretär. Heute gehört er zu der kleinen Runde von Vertrauten, mit denen sich Merkel regelmäßig trifft. Auf Hintzes Loyalität, so viel ist klar, könnte sie zählen. Das scheint ihr zu genügen. Sonst hätte sie wohl längst einen anderen Namen streuen lassen.
LUKAS WALLRAFF
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