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Teure Radlerfalle

Die Stadt muss voraussichtlich zwei Klägerinnen Schadensersatz und Schmerzensgeld zahlen, weil sie an der Sielwallkreuzung gestürzt sind

Bremen taz ■ Es war eine Szene, wie sie sich am Eingang zum Ostertorsteinweg häufig abspielt: „Ich bin ganz normal über die Kreuzung am Sielwall gefahren“, erzählt Marion E. gestern vor dem Bremer Landgericht – „und wie vom Blitz getroffen ist mir plötzlich mein Hinterrad weggerutscht.“

Allein 23 solche Unfälle an der „Radlerfalle“ sind beim Bremer Landgericht bekannt. Zwei Klägerinnen, Marion E. (53) und Erika S. (70), muss die Stadt Bremen nun voraussichtlich Schadensersatz und Schmerzensgeld zahlen – wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Insgesamt wurden gestern Ansprüche von rund 1.300 Euro geltend gemacht, ein Urteil fällt voraussichtlich am 22. Juni. Zuvor hatte der Anwalt der Stadt, Gerhard Lohfeld, die vom Gericht angeregte gütliche Einigung strikt abgelehnt: „Ich sehe mich außerstande, hier einen Vergleich zu schließen.“

Zwar wolle man „keinen Präzedenzfall“ schaffen, konterte der Vorsitzende Richter Stephan Haberland. In den vorliegenden beiden Fällen habe die Stadt jedoch zu wenig unternommen, um die „Radlerfalle“ zu entschärfen. Haberland bezieht sich dabei auf ein von der Stadt eingeholtes Gutachten vom Februar vergangenen Jahres, das Radfahrern eine große Unfallgefahr attestiert, die „nicht eindeutig und rechtzeitig zu erkennen“ sei.

Lohfeld sprach indes von einer unberechtigten „Popularklage“ und führt die Stürze auf das Eigenverschulden der Klägerinnen zurück: Weder die schmale Längsrille zwischen Bordstein und Schienen am Eingang des Ostertorsteinwegs noch die dort aus dem Pflaster ragenden Markierungsnägel seien für die Unfälle verantwortlich. Der Gutachter der Stadt sieht das etwas anders: Für ihn bergen beide Punkte schon für sich genommen eine große Unfallgefahr.

Lohfeld bestreitet dennoch, dass die Stadt für die beiden Stürze vom Dezember 2003 haftbar gemacht werden kann. Deren Ursache ist nach Lohfelds Worten „nicht geklärt“ – zumal die Stadt schon vorher Initiative ergriffen habe. Eine akute Sturzgefahr bestehe nur für ortsunkundige Radler.

Genau dies aber sind die beiden Klägerinnen nicht: Beide wohnen schon seit Jahrzehnten im Viertel und passieren die Radlerfalle nach eigenen Angaben „mehrmals wöchentlich“ – bislang ohne Probleme: „Es war mein erster Sturz im Erwachsenenalter“, sagt Frau E. Auch die Witterung an jenem Dezembervormittag sei trocken gewesen. Es war eben ein „typischer Unfall“, resümiert Lohfeld. Jan Zier

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