Politischer Druck von außen

betr.: „UN-Sicherheitsrat: Ein Scheitern Berlins wäre ein Gewinn für die UNO. Schröders verfehlte Ambitionen“, taz vom 18. 5. 05

Andreas Zumach schreibt, die Diskussion über eine Reform der UNO werde sich hier in Deutschland wohl auf die Frage eines ständigen Ratssitzes der Bundesrepublik verengen. Recht hat er. Denn was bisher noch nicht stattgefunden hat, wird bis zu der langen Sommerpause der Politikerinnen und Politiker auch nicht mehr stattfinden: nämlich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Zielen, die in der Millenniumsdeklaration der Mitgliedsstaaten der UN im Jahre 2000 festgelegt wurden. Dabei wäre eine solche Auseinandersetzung die Grundvoraussetzung dafür, die anstehende Reform der UNO überhaupt erst einmal in den Blick zu bekommen.

Stattdessen erleben wir das jämmerliche Versagen der UNO, wenn es darum geht, dem Hegemoniestreben der USA und ihrer Vasallen sowie dem Wüten amerikanischer Soldatinnen und Soldaten auf fremden Territorien Einhalt zu gebieten. Wir wissen, dass die UNO nichts Wesentliches dazu beiträgt, die Armut in der Welt zu bekämpfen oder das Hineinrasen in die Klimakatastrophe zu bremsen. Und schlimmer noch, wir erwarten dies nicht einmal wirklich.

Im September diesen Jahres nun wird eine UNO-Konferenz zum 60. Jahrestag des Bestehens der UNO in New York stattfinden. Wird man sich dann das vielfältige Versagen der UNO eingestehen? Wird man dann die notwendigen Strukturen und Instrumente suchen, die einer UNO in der Zukunft einen Sinn geben? Zumach zählt einige Schritte auf, die einer Reform der UNO und des Sicherheitsrates dienlich wären, z. B.: Demokratisierung der UNO, gerechte Repräsentanz der Weltregionen, Überwindung der Privilegien der Industrienationen. Die Frage ist aber, wer denn von den die UNO dominierenden Nationen ein genuines Interesse daran hat, die eigenen Privilegien zu schmälern oder gar aufzugeben. Es ist davon auszugehen, dass sich die UNO nicht aus sich heraus reformieren wird. Änderungen können nur durch politischen Druck von außen bewirkt werden. Dieser politische Druck muss von NGOs und anderen Vertretern der lokalen und globalen Zivilgesellschaft ausgehen. Ein sozusagen weltweit gültiges Diskussionsthema könnte sein: Von der UNO der Nationalstaaten zur UNO einer globalen Zivilgesellschaft. Dass die politische Klasse auch in Berlin nur in überkommenen und wahrlich überholten Strukturen von Machterhalt und Machterweiterung denken kann und dass niemand sie deswegen kritisiert, ist der traurigste Umstand unseres öffentlichen Gemeinwesens. Es ist zutiefst unrealistisch zu glauben, Macht-, Eroberungs- und Durchsetzungsfantasien könnten dazu beitragen, diese Welt gerechter und sicherer zu machen.

INGRID SCHITTICH, AWC Deutschland e. V., Überlingen