: US-Fernsehen unerwünscht
Der Kreml will den Korrespondenten des Senders ABC die Akkreditierung entziehen
Die Tage der Mitarbeiter des US-Fernsehsenders ABC in Russland könnten gezählt sein: Am Dienstag kündigte das Moskauer Außenministerium an, die Akkreditierungen nicht zu verlängern. Jeden Kontakt mit ABC würden alle Regierungsbehörden als „unerwünscht“ ansehen, heißt es in der Erklärung. Zuvor hatte Verteidigungsminister Sergei Ivanow gesagt, sein Ministerium betrachte ABC künftig als Persona non grata.
Grund für die erneute Demonstration des russischen Verständnisses von Pressefreiheit ist ein Interview mit dem steckbrieflich gesuchten tschetschenischen Rebellenführer Schamil Bassajew. In dem Interview, das der Sender letzten Freitag in seinem Nachtprogramm ausstrahlte, hatte sich Bassajew erneut zum Terrorismus und zur Verantwortung für das Geiseldrama von Beslan bekannt. Dabei waren am 3. September 2004 mehr als 300 Menschen getötet worden. Zudem hatte der Warlord weitere Anschläge angekündigt.
Washington wolle sich nun bemühen, die Situation mit den russischen Behörden zu klären, sagte der Sprecher des US State Departments, Tom Casey, in einer ersten Reaktion. „ABC sollte, wie alle anderen Medien auch, die Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung haben.“
Ein Mitarbeiter der US-Botschaft in Moskau sagte, die US-Regierung habe nicht die Autorität, ABC an der Ausübung seiner verfassungsmäßigen Rechte und damit an der Ausstrahlung des Interviews zu hindern. Ungeachtet dessen würden aber keine Medien unterstützt, die Terroristen ein öffentliches Forum böten, räumte er ein.
Genau das unterstellt die russische Seite. Das Interview unterstütze terroristische Propaganda und enthalte direkte Aufrufe zur Gewalt gegen russische Bürger, erklärte das Außenministerium. Die gesetzlich verbotene Unterstützung terroristischer Propaganda dient Moskau seit Jahren dazu, unerwünschte Berichte über den Tschetschenienkrieg zu unterdrücken.
Das Interview zeige die Unfähigkeit der russischen Sicherheitskräfte, sagt dagegen Andrej Babitzki, der das Interview mit Bassajew geführt hatte und als Tschetschenien-Berichterstatter ohnehin auf der schwarzen Liste steht. „Die sind nicht in der Lage, Bassajew zu finden – aber ein Journalist schafft das.“BARBARA OERTEL
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