: Euro–Poker um Apartheid–Geschäfte
■ EG–Außenminister beraten Sanktionen gegen Südafrika / Regime bereitet sich auf Boykott vor
Gewerkschafter und Kirchenverbände, Humanisten und Anti–Rassisten blicken nach Brüssel, während die EG–Außenminister unter dem Vorsitz des Briten Sir Geoffrey Howe um eine gemeinsame Position hinsichtlich Sanktionen gegen Südafrika ringen. Bonn, London, aber auch Portugal gelten als Gegner der auf dem letzten Treffen in Den Haag angedrohten Maßnahmen gegen das Apartheid–Regime. Diese reichen vom Einfuhrverbot für Kohle, Eisen, Stahl und Gold bis zu einem Investitionsstopp.
Karikatur Brüssel (taz)– Mit durchgreifenden Sanktionsbeschlüssen gegen das südafrikanische Apartheid– Regime haben wohl auch dieses Mal die wenigsten der zahlreich angereisten Journalisten gerechnet, die gestern nachmittag im verräucherten Pressesaal des Brüsseler EG–Ratsgebäudes herumlungerten. Die Außenminister der Zwölfer–Combo unter dem Vorsitz des britischen Außenministers Sir Geoffrey Howe rangen währenddessen hinter verschlossenen Türen nicht zum ersten Mal um eine gemeinsame Position. Zu lange schon dreht sich das EG– Konferenz–Karussell hinsichtlich Südafrikas. Die Positionen der einzelnen Regierungen wichen zu Beginn der gestrigen Verhandlungen, die heute fortgesetzt werden, nur unwesentlich von den bisher bekannten Argumentationslinien ab, wobei der Begriff „Sanktionen“ wie bisher in allen Papieren sorgsam vermieden wird. Entschiedenste Befürworter harter Sanktionen sind Dänemark, Holland und Irland. Mitziehen würden Länder wie Griechenland und Italien. Als ungeeignet zur Überwindung der Apartheidpolitik betrachtet nach wie vor das Bremser–Gespann aus Bundesrepublik, Großbritannien und Portugal Wirtschaftssanktionen. Die britische Regierung ließ jedoch durchblicken, daß sie sich gegen gewisse Sanktionen im Falle allgemeiner Übereinstimmung im Rat nicht weiter sperren würde. Eine Position, der auch die Erklärung des Bonner Regierungssprechers Ost vom vergangenen Freitag nahekommt, der - zumindest verbal - ebenfalls ein Mitziehen Bonns für den Fall allgemeiner Übereinstimmung in der Zwölfer–Runde in Aussicht gestellt hatte. Knackpunkt bleibt: Diese Übereinstimmung hängt auch von Bonns Haltung ab. Als möglicherweise ausschlaggebend wurde in Brüsseler Diplomatenkreisen gestern das Verhalten Portugals eingeschätzt. Die portugiesische Regierung hatte sich in Den Haag ebenfalls vehement gegen Sanktionen gewandt. Sie verwies auf die rund 600.000 heute - meist als Gemüsebauern - in Südafrika lebenden portugiesischen Staatsangehörigen aus den ehemaligen Kolonien Portugals. Als Folge eventueller Sanktionen befürchtet die Regierung in Lissabon wirtschaftliche Nachteile für diese Portugiesen und als deren Folge wiederum innenpolitische Schwierigkeiten. Auf portugiesischen Druck hin waren in Den Haag Gemüse und Früchte aus dem möglichen „Maßnahmen“–Katalog gestrichen worden. Gerüchteweise war nun gestern in Brüssel zu erfahren, daß die Regierung von Mozambique auf vertraulichem Wege Portugal gebeten habe, sich für die Verhinderung eines EG–Importstopps für südafrikanische Kohle einzusetzen, da von diesem mehrere zehntausend schwarze Wanderarbeitnehmer aus Mozambique als erste betroffen wären. Aus Rücksicht auf das Klima innerhalb der OAU könne Mozambique diese Position selbst aber nicht öffentlich vertreten. Von der ökonomischen Bedeutung für die südafrikanische Wirtschaft her scheint ein EG–Boykott südafrikanischer Kohle - verglichen etwa mit Eisenerz und Stahl oder den vielzitierten Früchten, die nur einen geringen Exportanteil ausmachen - tatsächlich die folgenreichste Maßnahme. 44 Millionen Tonnen Kohle exportierte Südafrika im vergangenen Jahr, davon den größten Teil in EG–Länder. Die EG nimmt 40 % aller südafrikanischen Exportgüter ab und ist damit der wichtigste Handelspartner des Botha–Regimes. Einem eventuellen Kohle– Boykott könnte, so meinten gestern EG–Beamte, durchaus auch die Bonner Regierung zustimmen, da dieser schließlich den Interessen der einheimischen Kohleförderung entgegen käme. Hauptabnehmer südafrikanischer Kohle innerhalb der EG ist Italien, das Sanktionen bisher aber eher positiv gegenüberstand. Gemessen an der ökonomischen Bedeutung eines Importstops für Kohle, von dem - wie selbst Gegner des Rassistenregimes zu bedenken geben - die schwarzen Minenarbeiter am meisten betroffen wären, hätte ein Verbot für Neuinvestitionen europäischer Firmen wohl eher symbolischen Charakter, da der Investitionsfluß aus Europa ans Kap sowieso fast den Nullpegel erreicht hat. Thomas Scheuer
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