Graue Panther wieder auf dem Sprung

■ Auf ihrer Bundesversammlung verabschiedeten die „Grauen Panther“ Wahlprüfsteine für die Bundestagswahlen

„Trude Unruh in den Bundestag“! Die streitbare Unruhestifterin der Grauen Panther dürfte die „Ihren“ auf der Seite haben, wenn Deutschlands bekannteste Kämpferin für die Rechte der Alten auf einer Grünen Liste zum Sprung ins Parlament ansetzt. Auf der am Dienstagabend zu Ende gegangenen Bundesversammlung hat der Senioren–Schutzbund umfangreiche Wahlprüfsteine verabschiedet. Motto der 500, die sich im Oldenburger Gasthaus „Zur grünen Eiche“ versammelt hatten, gleichwohl: „Fröhlichkeit und Politik“.

Oldenburg (taz) - „Trude Unruh in den Bundestag“, war auf einem Schild zu lesen, das am Dienstag von der Decke des Gasthauses „Zur grünen Eiche“ hing. Etwa 500 Delegierte aus allen Teilen der Bundesrepublik waren zum Bundeskongreß der „Grauen Panther“ gekommen und wer ein Kaffeekränzchen erwartet hatte, sah sich getäuscht. Seit kurzem steht die erste Vorsitzende des Senioren–Schutz– Bundes als unabhängige Kandidatin auf dem sicheren 3. Listenplatz der NRW–Grünen. Ihre Forderungen, die sogenannten „Wahlprüfsteine“, und eine Podiumsdiskussion über Seniorenbeiräte standen als Themen auf dem Mammutprogramm, das sich die Vertreterinnen der insgesamt 110 Außenstellen für diesen Tag vorgenommen hatten. Mit ihren „Wahlprüfsteinen“ formulierten sie nochmals eindeutig und vehement ihre Interessen: Grundrente in Höhe von 1200 Mark (Einzelperson) und damit Abschaffung der Altersarmut, Rentenstrukturreform, die u.a. eine unabhängige Sicherung der Frauen beinhalten soll, Abschaffung der „Sippenhaft“, d.h. keine finanzielle Haftung Familienangehöriger vor dem Sozial– und Arbeitsamt, das „Babyjahr“ für alle Mütter. Die Stufenregelung nach Geburtsjahr kalkuliert eiskalt mit dem Tod vieler Anspruchsberechtigter, Auflösung der unwürdigen Strukturen in Heimen und Änderung des Vormundschafts– und Pflegewesens. Trude Unruh war es, die diese Forderungen vortrug und die nun mit ihnen in den Bundestag einziehen will. Daß sie auf der Liste der Grünen kandidiert, schien für die Gruppen in ihrer praktischen Arbeit aber auch Probleme mit sich zu bringen. „Ob man denn, um sie jetzt zu wählen, ganz viel andere Dinge der Grünen schlucken“ müsse, formulierte eine Teilnehmerin ihre Zweifel und wies auf ihre Argumentationsschwierigkeiten gerade gegenüber alten Menschen hin. Trude und ihre Kinder Argumente lieferte Trude „ihren Kindern“, aber so wie sie auch das „Regiment“ über den ganzen Kongreß führte, erklärte sie belehrend allen das, was sie „wohl noch nicht gelesen hatten“. Aktuell verabschiedete der Kongreß ein Konzept für den Fall, daß der Deal mit der Neuen Heimat nicht klappen sollte: Überführung des Wohnungsbestandes in genosssenschaftlich organisiertes Wohnen. Erst am Nachmittag kamen die vielen Delegierten zu Wort, als auf einer Podiumsdiskussion das Thema Seniorenbeiräte zur Sprache kam. Vertreter der Parteien sowie der Vorsitzende des Landesseniorenbeirates waren geladen. Seniorenbeiräte mit Anhörungs– und Beratungsrecht, meist von Verbänden benannt, sind als „Vertretung der älteren Generation“ inzwischen in etlichen Städten etabliert. Daß diese Beiräte als Alibi dienen und meist nicht wirklich tätig werden, führten die Delegierten aus ihrer praktischen Erfahrung eindrucksvoll vor. „Bei uns in Köln fing das damit an, daß die keinen armen Rentner kennen! Die können unsere Probleme weder erkennen noch vorbringen!“ „Ein Kaffekränzchen war das bei uns in Würzburg! Zum Baden und Spazierengehen haben sie uns gekarrt. Da bin ich raus und zu den Grauen Panthern!“ Als der Vertreter des Landesseniorenbeirates vor allem in der zumeist ehrenamtlichen Tätigkeit einen Garant für gute Arbeit gesehen haben wollte, waren die streitbaren Frauen empört: „Die Altersarmut ist ein Problem. Wir machten jahrelang die unbezahlte Arbeit, das wollen wir nicht mehr. Wir geben den Frauen jetzt den Mut zur Aufmüpfigkeit, so, und da können wir gar keine Seniorenbeiräte brauchen, die stehn nämlich nicht mit uns auf der Straße!“ Wenngleich sich der Kongreß nicht prinzipiell ablehnend gegenüber den Beiräten zeigte, sofern für diese mehr verpflichtende Aufgaben bindend sind, war man sich am Ende der Diskussion doch einig, daß grundsätzlich die Einstellung zu Alten geändert und die Grundrente eingeführt werden muß. Dann würden besondere Beiräte, ob für Alte oder Ausländer, überflüssig. Vera Kuenzer