: Volltreffer über dem Dschungel von Nicaragua
■ Die Sandinisten führten den Piloten der abgeschossenen Maschine der Presse vor: ein in El Salvador stationierter US–Mililtärberater Noch nie konnte so eindeutig nachgewiesen werden, daß US–Berater die Operationen der Contra lenken / Regierung El Salvadors dementiert
Aus Managua Ralf Leonhard
Der Abschuß eines Kleinflugzeuges im südlichen Nicaragua legte offen, welche Schlüsselrolle die salvadorianische Luftwaffe für die Versorgung der nicaraguanischen Contras spielt. 30 Kilometer nördlich der Stadt San Carlos und etwa 40 Kilometer nördlich der Grenze zu Costa Rica stürzte eine in Tarnfarben gestrichene C–123 in der Zone El Tule in den dichten Urwald. Drei der vier Insassen fanden dabei den Tod. Der vierte und einzige Überlebende, der 35–jährige Eugene Hasenfus aus Wisconsin/USA, wurde Dienstag in Managua der Presse vorgeführt. Der sonnengegerbte Vietnamveteran, der völlig unverletzt und in einem schmutzigen Jeans–Anzug auftrat, identifizierte zwei seiner beim Absturz getöteten Kameraden (der vierte ist ein namentlich nicht bekannter Lateinamerikaner) als Hauptmann William H. Cooper und Wallace Blaine Sawyer Jr. Beide wurden wie auch Hasenfus durch ihre Dokumente als Mitglieder der US–Militärberatergruppe in El Salvador ausgewiesen. Die US–Botschaft in San Salvador erklärte auf eine Anfrage, daß die abgeschossenen Soldaten nicht zur Beratergruppe zählten. Das State Department in Washington erklärte dezidiert, daß es sich um keine „Militärs im aktiven Dienst“ handeln könne. Das mit Waffen, Munition und 150 Paar Militärstiefeln schwer beladenene Kleinflugzeug sollte Einheiten der von den USA finanzierten Contras mit Nachschub versorgen. Laut Aussagen von Hasenfus sei die Maschine vom salvadorianischen Militärflughafen Ilopango abgeflogen, habe die Grenze jedoch nach einem Bogen über den Pazifik von Costa Rica her überflogen. In einer ersten Reaktion beeilte sich die salvadorianische Armee, jede Verbindung zu den Contras zu dementieren. Die Erlaubnis zur Benützung der salvadorianischen Anlagen hat jedoch laut Hasenfus niemand geringerer als Luftwaffenchef Rafael Bustillo gegeben. Auf dem Ilopango–Flughafen sollen insgesamt fünf Transportmaschinen der Contras für Nachschubflüge bereitstehen. Für Hasenfus selbst war seine letzte Mission die vierte in drei Monaten. Sollten sich die Aussagen des Kriegsgefangenen Hasenfus und die Echtheit der aufgefundenen Dokumente bestätigen, so müßte die Regierung in Washington zugeben, daß sie den Kongreß in Sachen geheimer Kriegführung wieder einmal hintergangen hat. Und auch die Regierung in San Jose, die vor drei Jahren die immerwährende Neutralität erklärt hat, käme in arge Verlegenheit, denn das routinemäßige Überfliegen des Territoriums durch die Nachschubmaschinen der Contras kann wohl kaum gegen den Willen oder gar ohne Wissen des Präsidenten geschehen. Erst vor wenigen Tagen hatten Oppositionelle in Costa Rica aufgedeckt, daß Berater aus den USA im Norden des Landes Flugpisten für die Contras gebaut hätten. Oberstleutnant Calderon, der zuständige Militärkommandant der Zone, gab an, daß in den letzten drei Monaten 15 Luftraumverletzungen allein von Costa Rica her registriert wurden. Der völlig veralteten Luftabwehr der Sandinisten ist es zwar in den letzten zwei Jahren mehrmals gelungen, Kleinflugzeuge und Helikopter der Contras abzuschießen. Einmal kamen dabei sogar zwei amerikanische Söldner ums Leben. Noch nie konnte jedoch so eindeutig nachgewiesen werden, daß die Operationen der Contras von Beratern aus den Vereinigten Staaten gelenkt werden. Der Generalsekretär des Außenministeriums in Managua, Alejandro Bendana, sagte in einem Fernsehnterview, jetzt sei die Situation eingetreten, daß US–Bürger im „schmutzigen Krieg“, den Reagan gegen Nicaragua entfesselt habe, gestorben seien. Der Volltreffer im Dschungel des südlichen Nicaragua könnte ein Nachspiel im Kapitol in Washington haben.
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