Wahlkampf im SA–Stil

■ Die neonazistische FAP schickt Schlägertrupps durch Hannover / Opfer sind meist Ausländer und Linke / „Waffenähnliche“ Funde von der Polizei beschlagnahmt

Aus Hannover Axel Kintzinger

„Eine Gruppe von jungen Leuten, die der rechtsradikalen Szene zugeordnet werden, hat in der Nacht zum Montag in der Passerelle (innerstädtische Fußgängerzone) einen 26jährigen Ausländer überfallen und schwer verletzt.“ Immer häufiger finden sich in der hannoverschen Lokalpresse Kurzmeldungen solcher Art. Vor den Kommunalwahlen am letzten Sonntag häuften sie sich. Der Hintergrund: Zum ersten Mal hat die neonazistische „Freiheitliche Arbeiter Partei“ (FAP), eine Nachfolgeorganisation der verbotenen Kühnen–Gruppe ANS, mit einem Einzelbewerber für den Stadt– und als Partei für den Bezirksrat Südstadt/Bult kandidiert. Die Landeswahlleitung hatte gegen diese Kandidatur keine Bedenken. Die hannoversche FAP hatte sich als „Zentrum“ eine Wohnung im Bezirk Südstadt ausgesucht, von der aus nächtliche Streifzüge zum Kleben von Flugblättern unternommen wurden. Dabei beließ es die Gruppe, die etwa ein Dutzend Aktivisten umfaßt, jedoch nicht. Zwei ausländische Familien, die ebenfalls in diesem Haus wohnten, wurden von den Nazis permanent schikaniert. Aus Furcht vor schwerwiegenden Angriffen zogen sie schließlich aus. Andere Anwohner alarmierten in den letzten Wochen mehrfach die Polizei, weil die FAPler Marschmusik und nationalsozialistische Lieder mit Vorliebe nachts und in voller Lautstärke spielten. Als Polizeibeamte Plattenspieler und Lautsprecher beschlagnahmten, fielen ihnen auch waffenähnliche Schlagwerkzeuge in die Hände. Davon wurde die Presse allerdings nicht informiert, was selbst die konservative Hannoversche Allgemeine zu dem Verdacht hinriß, die Polizei sei wohl doch auf dem rechten Auge blind. Nachdem sie aus anderer Quelle davon erfahren hatte, kommentierte sie: „Wären solche waffenähnlichen Funde bei Linksradikalen gefunden worden, die Polizei hätte die Zeitungen zu Fototerminen eingeladen.“ Am vergangenen Wochenende eskalierte der Konflikt. Elf Nazisverbarrikadierten sich elf Nazis in ihrer Wohnung und lieferten der Polizei eine erbitterte Schlacht, bei der 4 Beamte verletzt worden sein sollen. Zuvor wurden Antifaschisten aus dem Lager der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN) und auch Autonome beim Überkleben von FAP– Flugblättern überrascht und verprügelt. Ein Opfer berichtet: Etwa „20 mit Knüppeln, Eishockeyschlägern und Zaunlatten mit Nägeln bewaffnete Skins und Nazis stürmten auf die Straße“. Eine weitere Gruppe „lauerte etwa 150 Meter weiter“, nutzte die Übelegenheit und warf „den Erstbesten in eine Schaufensterscheibe“. Die Polizei nahm 35 Personen vorläufig fest, nach Aussagen von Antifaschisten auch vier Punks. Wegen der Häufung nazistischer Aktivitäten haben die niedersächsischen Grünen und auch der VVN das Verbot der FAP gefordert. Eine autonome Antifaschistin hält dieses Vorgehen für „völligen Schwachsinn“. „Die formieren sich ohnehin wieder neu und unter einem anderen Namen“, zieht sie die Lehren aus der Umwandlung von ANS in FAP und hofft, „daß die antifaschistischen Kräfte stark genug werden, solche Organisationen zu zerschlagen“. Die Frage nach dem Verbot hätte sich dann erübrigt.