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„CIA–Arbeiter“ Eugene Hasenfus packt aus

■ Hasenfus spricht von wiederholter Teilnahme an Waffen–Versorgungsflügen für die Contra und gibt Zusammenarbeit mit CIA zu

Aus Managua Ralf Leonhard

Zwei schlichte graue Holzsärge wurden aus dem TOYOTA–LKW entladen, der 20 Meter vor der US– Botschaft in Managua anhielt. Unter leichtem Nieselregen setzte untergeordnetes Personal des Außenministeriums die Last vor dem Eisentor der diplomatischen Vertretung ab. Das Tor tat sich einen Spaltbreit auf, als die sterblichen Hüllen der CIA–Leute William H. Cooper und Wallace Blaine Sawyer Jr. mit ebensowenig Zeremoniell von nicaraguanischen Bediensteten der Botschaft auf extraterritorialen Boden gerettet und in einem Lieferwagen verstaut wurden. Etwa 50 US–amerikanische Friedensaktivisten, die auf der Strasse eine 24–stündige Mahnwache hielten, wurden währenddessen beinahe von den Kamerateams überrannt. Das dritte nordamerikanische Besatzungsmitglied, der 45–jährige Eugene Hasenfus, konnte sich nicht nur zu seinem eigenen, sondern auch zum Glück der Sandinisten mit einem Fallschirm retten. Denn nach seinen Enthüllungen, die durch aus dem Flugzeugwrack geborgene Dokumente hinreichend bestätigt werden, wird es den zentralamerikanischen Staatschefs schwerfallen, weiterhin die Unschuldslämmer zu spielen. Auf El Salvadors Militärflughafen Ilopango ist sowohl die Luftflotte der Contras als auch ein Lager mit rund 40 Tonnen Waffen untergebracht. Dieses wird durch regelmäßige Flüge zur honduranischen Militärbasis Aguacate mit Material gespeist. Und Costa Rica ermöglicht die Benützung seines Luftraumes für die Versorgungsflüge in den Süden Nicaraguas. Aus Aufzeichnungen der abgeschossenen Agenten geht hervor, daß die Piloten der Nachschubflüge beim Eintritt in den Luftraum Costa Ricas mit dem Flughafen „Los Chiles“, unweit der nicaraguanischen Grenze, in Funkkontakt treten. In einer zweiten Pressekonferenz berichtete Hasenfus, der sich selbst als ‚CIA–Arbeiter‘ bezeichnet, daß er in den 60er Jahren als Mitglied des US Marine Corps seine ersten Flugerfahrungen gesammelt und anschließend für die private Fluggesellschaft „Air America“ Transporte in Südostasien geflogen hätte. „Air America“ soll nach Darstellung von Hasenfus eine von mehreren Fluggesellschaften der CIA sein. Im vergangenen Juni wurde Hasenfus von William Cooper für Einsätze in Zentralamerika angeworben. Für ein Monatsgehalt von US–$ 3.000 ließ sich der Flugveteran nicht lange bitten. Bei seiner Ankunft in El Salvador, wo er ein Dokument mit der Unterschrift des Luftwaffenchefs Oberst Bustillo bekam, das ihn als Mitglied der US–Militärberatergruppe ausweist, sollte Hasenfus erfahren, um welche Art Einsätze es sich handelte: „Man sagte mir, wir würden zur Aguacate–Militärbasis (in Honduras) fliegen und leichte Waffen und Munition laden, um diese dann für die Contras in Nicaragua abzuwerfen“. Von den insgesamt zehn Flügen, die Hasenfus in kaum mehr als zwei Monaten begleitete, führten vier von Aguacate nach Nicaragua und sechs vom salvadorianischen Militärflughafen Ilopango über Costa Rica nach Nicaragua. Hasenfus war für den Abwurf der Pakete zuständig. Aus den minutiös geführten Aufzeichnungen des Co–Piloten Wallace B. Sawyer gehen sämtliche Details über Ladung und Mannschaften der Flüge seit April 1985 hervor.Mindestens 34 Personen mit ausländischen Namen sind daran beteiligt gewesen. Hasenfus erklärte, etwa zwei Dutzend US–Amerikaner gekannt zu haben, die in Ilopango für die CIA arbeiten. Capitan Ricardo Wheelock, Chef des militärischen Geheimdienstes, erklärte außerdem, daß die sichergstellten Dokumente über ein Lager der CIA– Fluglinie „Corporate Air Service“ Aufschluß gebe. Dieses Lager auf der Luftwaffenbasis Ilopango soll rund vier Tonnen Waffen und Munition enthalten und von fünf ehemaligen Nationalgar disten bewacht werden. Die abgeschossene C–123 K, die in den USA mit der Nummer N 4410 F registriert war, wurde in El Salvador mit der neuen Matrikelnummer HP 824 versehen, wie aus den Dokumenten hervorgeht. Als seine direkten Vorgesetzten nannte Eugene Hasenfus den Piloten William Cooper und die beiden Exilkubaner Max Gomez und Ramon Medina, die die Flüge koordinierten und mit Luftwaffenchef Bustillo in Verbindung stehen sollen. Ein unter den Dokumenten gefundenes Blankoformular der salvadorianischen Zivilluftfahrtbehörde war offensichtlich für eventuelle Notlandungen in zentralamerikanischen Ländern bestimmt. Napoleon Duarte hatte im Fernsehen erklärt, seine Generäle hätten ihm beteuert, mit der Sache nichts zu tun zu haben, die Affaire sei vielmehr von den Sandinisten inszeniert worden. Diese Behauptung wird wohl angesichts der erdrückenden Beweise nicht zu halten sein. Genausowenig wird die Regierung in San Jose mit Anspruch auf Glaubwürdigkeit behaupten können, sie hätte von den Flügen nichts gewußt. Der Kriegsgefangene Hasenfus soll in Nicaragua vor Gericht gestellt werden, hat Informationsminister Manuel Espinoza mitgeteilt. Seine Ehefrau Sally, die vor ihrer Abreise nach Nicaragua bestätigt hatte, daß ihr Mann für die CIA arbeite, soll demnächst mit dem Gefangenen sprechen dürfen. Derzeit wird sie von der US– Botschaft unter Verschluß gehalten. DerGlücksschütze, ein 19–jähriger Wehrdiener, der die Nordamerikaner vergangenen Sonntag mit einer Boden–Luft–Rakete vom Himmel holte, und der Soldat, der Hasenfus tags darauf auf der Flucht ertappte und festnahm, sind inzwischen von Verteidigungsminister Humberto Ortega mit goldenen Verdienstorden dekoriert worden.

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