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Ausstieg schon vorbei?

■ Stadt Hamburg klagt nicht gegen Brokdorf–Betriebsgenehmigung / Heftige Kritik der GAL / Seit gestern speist das AKW Strom in das Leitungsnetz ein

Aus Hamburg Benno Uppsala

Gestern wurde in der Wilstermarsch der Atomreaktor Brokdorf auf Stromproduktion geschaltet. Damit ist der vierte Reaktor in Betrieb, mit dem die Preussen–Elektra nach den AKWs in Stade, Brunsbüttel und Krümmel die Millionenstadt Hamburg umstellt hat. Entgegen ersten Ankündigungen wird der Senat der Hansestadt nun doch nicht gegen die Betriebsgenehmigung klagen. Ein Gutachten dazu versprach wenig Aussicht auf Erfolg. Zeitgleich mit der gestrigen Inbetriebnahme von Brokdorf mußte der Hamburger Senat bekannt geben, daß mit einem Teil seines Ausstiegskonzepts schon jetzt Schluß ist. Ein Gutachten des Frankfurter Staats– und Atomrechtlers Professor Steinberg signalisierte, daß die Gerichte wahrscheinlich nicht einmal die Klage des Senats annehmen würden. Steinberg hatte für die hessische Landesregierung bereits im Zusammenhang mit NUKEM/ ALKEM Gutachten erstellt. Weder könnte sich die Stadt auf Verletzung der Verfahrensvorschriften noch auf eine atomrechtlich neue Sachlage durch die neuen Sicherheitsbestimmungen stützen. Auch wenn früher schon gegen andere Teilerrichtungsgenehmigungen geklagt worden wäre, hätte eine weitere Klage keine Aussicht auf Erfolg. Fortsetzung auf Seite 2 Hamburg wird aber, zusammen mit anderen Bundesländern, eine Änderung des Atomrechts im Bundesrat beantragen. Außerdem strebt die Stadt eine Revidierung der Katastrophenschutzrichtlinien an, da sich der darin vorgese hene Evakuierungs–Radius von 25 Kilometern nach Tschernobyl als zu gering erwiesen habe. Die Grün–Alternative Liste der Stadt erklärte zu der rechtlichen Beurteilung, dies sei „nicht anders zu erwarten“ gewesen. „Politik machen hier die Atombetreiber.“ Die GAL meint: „Eine linke Seifenblase im SPD–Wahlkampf ist geplatzt.“ Brokdorf müsse schon allein deswegen stillgelegt werden, weil nach dem Fallout aus Tschernobyl sämtliche AKWs auf ihrer Außenhaut mehr Strahlung hätten als gesetzlich erlaubt. Seit gestern 13.14 Uhr liefert der Brokdorfer Druckwasserreaktor 30 Prozent seiner Maximalleistung von 1.300 Megawatt. Bis Ende des Jahres soll die Kapazität voll ausgenutzt werden. Hamburg wird dann über 80 Prozent Atomstromanteil in seiner Energieversorgung haben. 1985 waren es 74 Prozent. Die Hamburgischen Elektrizitätswerke (HEW) besitzen noch immer einen 10–Prozent–Anteil an Brokdorf. Seit gestern wird über das Verbundnetz dafür Brokdorfer Atomstrom geliefert.

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