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US–Tests: Menschen strahlenverseucht

■ 30 Jahre lang wurden Alte, Kranke, Obdachlose und Häftlinge teilweise ohne ihr Wissen als „Meßinstrumente für Radioaktivität“ benutzt

Washington (ap) - Obdachlose, Häftlinge, Geisteskranke und alte Menschen sind von Bundesbehörden in den USA über 30 Jahre lang zum Teil ohne ihr Wissen als Versuchsobjekte für Strahlenexperimente mißbraucht worden. „Amerikanische Bürger wurden auf diese Weise zu Meßinstrumenten für Radioaktivität“, heißt es in einem am Freitag in Washington veröffentlichten parlamentarischen Untersuchungsbericht. Drei Jahre lang hatte der für Energiefragen zuständige Unterausschuß des Repräsentantenhauses bisher weitgehend unbekannte Dokumente des Energieministeriums geprüft, in denen die um 1945 begonnenen und bis in die siebziger Jahre fortgesetzten Experimente aufgeführt werden. Der Titel des Berichts sagt alles über das Ergebnis aus: „Amerikanische atomare Versuchskaninchen: Drei Jahrzehnte Strahlenexperimente an US–Bürgern“. Das Ministerium, das auch für Atomwaffenversuche verantwortlich ist, wurde aufgefordert, die noch lebenden Opfer ausfindig zu machen und zu entschädigen. Bei den von der Atomenergiekommission, der Behörde für Energieforschung und im Rahmen staatlicher Forschungsprojekte finanzierten Versuchen wurden Hunderte von Menschen radioaktiven Substanzen ausgesetzt. Zweck der Experimente war die Untersuchung der biologischen Auswirkungen von Radioaktivität. Einige der Testpersonen hätten in die Versuche eingewilligt, bei anderen lägen darüber keine Aufzeichnungen vor. Der Ausschußvorsitzende Edward Markey verglich die Versuche mit „jenen wahnwitzigen Experimenten an Menschen, die von den Nazis ausgeführt worden sind“. Unter anderem führt der Bericht die folgenden Experimente auf: - Von 1945 bis 1947 wurde 18 für unheilbar krank erklärten Menschen in mehreren Kliniken Plutonium injiziert, das hochgiftig und krebsauslösend ist. - Von 1946 bis 1947 wurden an der Universität von Rochester sechs Patienten mit gesunder Niere Uransalze eingespritzt. Einer von ihnen wurde wegen Halluzinationen behandelt, ein anderer galt als depressiv, ein dritter geriet als Obdachloser in die Hände der Experimentierer. - Von 1953 bis 1957 wurde im General Hospital von Massachusetts zwölf Patienten mit einem Gehirntumor, die zum Teil bereits im Koma lagen, Uran injiziert. Fortsetzung auf Seite 6 - In den sechziger Jahren wurden im Atomwaffenversuchszentrum von Los Alamos im US–Staat Neu–Mexiko 57 „menschliche Versuchskaninchen“ mit Uran und radioaktivem Mangan gefüttert. Im renommierten Technologischen Institut von Massachusetts (MIT) wurde im gleichen Zeitraum 20 alten Menschen Radium und Thorium verabreicht. - Von 1963 bis 1965 wurden in der Umgebung eines Versuchsreaktors in Idaho die Auswirkungen der Atomkatastrophe von Tschernobyl vorweggenommen: Mehrere Menschen mußten sich auf radioaktiv verseuchten Wiesen aufhalten und Milch von Kühen trinken, die auf der verstrahlten Weide gegrast hatten. - Von 1963 bis 1971 wurden bei 131 Häftlingen der Staatsgefängnisse von Washington und Oregon die Hoden verschiedenen Dosen von Röntgenstrahlen ausgesetzt. Jill Lawrence

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