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Einsatz von Lehrern als „Wachtmeister“

■ Multiple–choice–Test für den Hochschulzugang von Medizin– Studenten entwertet Abitur / GEW ruft Lehrer zum Boykott auf

Von Klaus Wolschner

Bremen (taz) - Die GEW bläst in diesen Tagen zu einer bundesweiten Aktion. In der kommenden Woche steht zum zweiten Mal jene Hochschuleingangsprüfung für Abiturienten an, die einmal Medizinstudenten werden wollen. Per Multiple–choice werden auswendig gelernte naturwissenschaftliche Kenntnisse abgefragt, daneben enthält die Prüfung die üblichen Intelligenz–Test–Elemente. Seit dem neuen „Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen“ von 1985 ist der Zugang zum Medizin–Studium zum Testfeld geworden: 1.400 Studienplätze (10 Bewerber vergeben, die bei dem Test an der Spitze liegen. Über 45 der Studienplätze werden nach einem Gespräch mit Hochschullehrern vergeben, das Los wählt diese Aspiranten für solche Gespräche aus. Die Fachgruppe Gymnasien der GEW kritisiert die Abwertung des Abiturs, die mit solchen Hochschuleingangs–Tests verbunden ist. Zudem werde die Einheit von Ausbildung und Bewertung zerschlagen. Den Lehrern verbleibe eine berufsfremde Rolle: „Ihre Aufgabe besteht im wesentlichen darin, mit der Stoppuhr in der Hand Wachtmeister zu spielen.“ Während in den Schulen, in denen der Test stattfindet, die Schüler auf Wandertage geschickt werden, würden die Lehrer „zu einer Aufgabe herangezogen, die weit außerhalb ihres Dienst– und Aufgabenbereiches liegt“. „Der Einsatz von Lehrern und Wissenschaftlern als Wachtmeister gibt einen Vorgeschmack darauf, mit welchen Aufgabenzuweisungen wir künftig aus Gründen der Vergleichbarkeit und Chancengleichheit zu rechnen haben.“ Entwickelt und verantwortet wird der Test von der ZVS. Die GEW befürchtet, daß der Mediziner–Test nur Vorläufer weiterer Hochschuleingangstests sein wird. Sie hat einerseits Verfassungsbeschwerde eingelegt und fordert andererseits die Kolleginnen und Kollegen auf, sich nicht am 5. November für das Testverfahren zur Verfügung zu stellen.

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