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Friedens–Konferenz per Satellit

■ Hamburger Naturwissenschaftler–Treffen mit internationaler Beteiligung / „Hamburger Abrüstungsvorschläge“: Reduzierung der Atomwaffen auf 10

Hamburg (dpa/ap) - Naturwissenschaftler aus Ost und West haben am Wochenende beim Hamburger Friedenskongreß „Wege aus dem Wettrüsten“ eine drastische Reduzierung der Atomwaffen der Großmächte USA und Sowjetunion gefordert, um die Sicherheit in der Welt zu erhöhen. In „Hamburger Abrüstungsvorschlägen“ heißt es, 10 die Stabilität zu bewahren. Die Wissenschaftler verlangen als ersten Schritt für ein Ende des Wettrüstens einen umfassenden Atomteststopp, der nach ihrer Ansicht auch überprüft werden könnte. Weiter setzten sie sich für ein Verbot von Weltraumwaffen ein. Die Vorschläge wurden von Wissenschaftlern unter anderem aus der UdSSR, den USA, der DDR, aus Schweden, Großbritan nien und der BRD unterzeichnet. Darunter waren auch die deutschen Nobelpreisträger für Physik, Klaus von Klitzing, und für Medizin, Georges Köhler, sowie der zweifache amerikanische Nobelpreisträger Linus Pauling. Mitorganisator des Kongresses war die 1983 in der Bundesrepublik gegründete Naturwissenschaftler–Initiative „Verantwortung für den Frieden“. Im Rahmen des Kongresses bezeichnete der Chef der SDI–Forschungsabteilung des US–Verteidigungsministeriums, Allan Mense, den Aufbau einer weltraumgestützten Verteidigung (SDI) als „unabdingbar“. Auf einer zwischen Hamburg und Washington geschalteten Satellitenkonferenz über Abrüstungsfragen sagte Mense am Samstagabend: „SDI ist unsere Verteidigung gegen den nuklearen Holocaust.“ Das Weltraumwaffenprogramm sei auch bei umfassender Abrüstung als Versicherung gegen einen möglichen Vertrauensbruch der anderen Seite notwendig. Das Mitglied der sowjetischen Akademie der Wissenschaften, Roald Sagdejew, meinte dagegen, SDI sei eine neue strategische Komponente im Wettrüsten. Die möglichen Forschungsergebnisse von SDI könnten neue Angriffswaffen hervorbringen. Sagdejew bestritt, daß die Sowjetunion konkret an der Entwicklung eines ähnlichen Waffensystems arbeite. Bei der Eröffnung des Friedenskongresses hatte der österreichische Altbundeskanzler Bruno Kreisky am Freitagabend die Ansicht vertreten, daß eine neue Periode der Entspannung möglich sei. Er habe den Eindruck, in Reykjavik sei die richtige Richtung eingeschlagen worden. Den Abrüstungsvorschlägen Gorbatschows könne eine gewisse Glaubwürdigkeit nicht abgesprochen werden. Der ehemalige sowjetische Botschafter in Bonn, Valentin Falin, hob hervor, daß die Sowjetunion ihre in Reykjavik gemachten Vorschläge und Zugeständnisse weiterhin aufrecht erhalte. Sein Land sei bereit, morgen mit der Abrüstung zu beginnen. Auch der DDR–Staatsratsvorsitzende Erich Honecker bekräftigte in einem Grußwort die Bereitschaft der DDR zum Dialog und zur Friedenssicherung. „Mit aller Ernsthaftigkeit werden wir die Vorschläge Ihres Kongresses prüfen und alles, was den Frieden sicherer macht, in praktische Politik umsetzen“, erklärte Honecker in der am Samstag von der amtlichen Ostberliner Nachrichtenagentur ADN verbreiteten Grußadresse.

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