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Was wäre, wenn...

■ Zu Kohls Attacken gegen die DDR

Eigentlich muß man Kohls Äußerungen über die DDR in einem Zusammenhang sehen mit seinem Goebbels/ Gorbatschow–Vergleich und der von konservativen Historikern betriebenen Debatte über die Vergleichbarkeit nationalsozialistischer mit stalinistischen Verbrechen. Nur in diesem Zusammenhang läßt sich auch verstehen, warum die DDR so heftig auf Kohls Angriffe reagierte, die im Grunde nur bekannte CDU–Positionen wiederholen. Für kritische Geister am Prenzlauer Berg, in Jena oder Dresden haben Kohls Attacken jedoch einen anderen Akzent. Sie offenbaren die Legitimationskrise der DDR–Führung, ihre Angst davor, die eigene Bevölkerung könne Kohls Äußerungen ideologisch näher stehen als den DDR–offiziellen Interpretationsmustern. Hinzu kommt die Angst vor dem „weichen“ Wind aus Moskau. Beides führt dazu, daß im Neuen Deutschland eine erstaunlich offene politische Debatte über die von Kohl so apostrophierte menschenfeindliche Politik in der DDR beginnt. Solche Versuche deutsch–deutscher Auseinandersetzung wären aufs schärfste zu begrüßen. Sie können aber nur dann erfolgreich sein, wenn die DDR–Führung neben der scharfen Kritik an den sozialen Verhältnissen in der Bundesrepublik die eigenen Schwierigkeiten mit den Menschenrechten einbezieht. Ein Effekt, den Kohl sicherlich nicht gewollt hat. Max Thomas Mehr

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