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Frankreich vor deutschem Herbst?

■ Bonn und Paris wollen Fahndungsmaßnahmen nach dem tödlichen Attentat auf den Renault–Chef Georges Besse koordinieren / „Action Directe“ bekennt sich zu Anschlag / „Deutsche Methoden“ nennen französische Medien die Tat des „Kommando Pierre Overnay“

Berlin (afp/dpa/taz) - Frankreich und die Bundesrepublik wollen unter dem Eindruck des tödlichen Anschlags auf den Renault– Chef Georges Besse in Paris gemeinsam nach den Tätern fahnden. Zu diesem Zweck sollen in Kürze Verbindungsbeamte ausgetauscht und die Fahndungsmaßnahmen koordiniert werden. Das vereinbarten am Dienstag in Bonn Bundesinnenminister Zimmermann und sein französischer Amtskollege Charles Pasqua. „Deutsche Methoden“ nannten französische Zeitungen das jüngste Attentat der französischen Untergrundgruppe „Action Directe“ auf Georges Besse, Generaldirektor des staatlichen Autokonzerns Renault. Georges Besse war am Montag abend vor seiner Wohnung in Paris mit zwei Schüssen in Kopf und Brust getötet worden. Angaben von Zeugen zufolge wurde das Attentat von zwei Frauen zwischen 25 und 30 Jahren ausgeführt, die danach zu Fuß flüchteten. In der Metro–Station Raspail, unweit des Tatorts, wurden Bekennerbriefe gefunden, die den Stern der „Action Directe“ trugen und von der Polizei als authentisch gewertet wurden. Ein Kommando Pierre Overnay bekannte sich darin zu dem An schlag. Pierre Overnay, ein Maoist, war 1972 auf dem Werksgelände von Renault von einem Wachmann erschossen worden, als er Flugblätter verteilen wollte. Der 1927 geborene Besse hatte Anfang der 50er Jahre leitende Positionen in der französischen Atomindustrie inne. Von 1956 bis 58 war er im Kommissariat für Atomenergie. 1974 wurde er Präsident des Vorstands der internationalen Atomanreicherungsgesellschaft Eurodif. 1985 wurde er an die Spitze des verschuldeten staatlichen Renault–Konzerns gesetzt. In knapp zwei Jahren wurden dort unter seiner Regie 24.000 von 100.000 Arbeitsplätzen wegrationalisiert. Die Polizei vermutet hinter dem Anschlag den „internationalen Flügel“ der „Action Directe“, dem enge Verbindung zur RAF nachgesagt werden.

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