: Umsiedlungsaktionen in Südafrika forciert
■ Während die Regierung in Pretoria wiederholt beteuerte, daß die Zwangsräumung von Schwarzensiedlungen gestoppt worden sei, rollt eine Welle neuer Zwangsumsiedlungen an / Umsiedlungen teilweie auf Ersuchen der weißen Nachbarn hin
Johannesburg (ips) - Die anonyme Lautsprecherstimme ließ keinen Zweifel zu. „Wir werden diese Siedlung räumen“, tönte es monoton aus den Wagen der Sicherheitspolizei, die in den vergangenen Wochen durch die Straßen einer Schwarzensiedlung im Osten des Landes fuhren, „wir bringen euch nach Motherwell“. Für die Bewohner von Red Location in der Nähe der südafrikanischen Hafenstadt Port Elizabeth war damit klar, daß ihr Widerstand gegen die Umsiedlungspläne Pretorias gescheitert war. Das Regime hatte den Abtransport von rund 2.500 Menschen in die kürzlich errichtete Siedlung Motherwell, 20 Kilometer von Red Location entfernt, endgültig beschlossen. Günstiger Moment Ähnliches steht, so vermuten südafrikanische Menschenrechtsgruppen, landesweit 55.000 Bewohnern von Schwarzensiedlungen bevor. Eine Welle neuer Zwangsumsiedlungen rolle an. Seit Verhängung des Ausnahmezustandes sind einige tausend führende schwarze Bürgerrechtler verhaftet worden. In den Schwarzengebieten herrsche darum oft Verwirrung. Eine günstige Gelegenheit für Pretoria also, langgehegte Umsiedlungspläne jetzt durchzuführen. Von der Regierung werden derartige Pläne bisher geleugnet. Wiederholt hieß es aus Pretoria, die Zwangsräumung von Schwarzensiedlungen sei gestoppt worden. Umsiedlungen würden nur noch in Notfällen - das heißt bei unzumutbaren Lebensbedingungen in den Siedlungen - sowie auf Wunsch der Einwohner durchgeführt. Doch kaum jemand will diesen Beteuerungen noch glauben. Andrew Savage, Abgeordneter der weißen Oppositionspartei PFP, bezeichnete diese „Notumsiedlungen“ als „eine der undurchsichtigsten Sozialmaßnahmen, die die Regierung zur Zeit unternimmt“. Unzumutbare Wohnungen Diese Auffassung vertritt auch Laureen Platzky vom Nationalkomitee gegen Umsiedlungen (NCAR). NCAR fand heraus, daß ein schwarzes Wohngebiet nach Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften umgesiedelt wurde, weil Weiße aus dem angrenzenden Viertel den Minister für Recht und Ordnung darum ersucht hatten. In den amtlichen Meldungen hieß es, die Bewohner hätten aus freien Stücken einen neuen Wohnort gewählt. Rund 40.000 Einwohner in einem Industriegebiet in der Nähe von Port Elizabeth sind in den vergangenen Wochen evakuiert worden, angeblich um ihnen zu besseren Wohnungen zu verhelfen. Jetzt leben sie unter unzumutbaren Bedingungen in einer Zeltstadt. Unter diesen Umständen verwundert es nicht, wenn die Einwohner von Red Location sich gegen die Umsiedlung wehren. Was sie wollen ist, daß ihre Unterkünfte an ihrem jetzigen Wohnort verbessert werden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen